Als erste ausländische Regierungschefin besucht Theresa May heute den neuen US-Präsidenten. Es stellt sich die Frage, wird es ein einseitiger Handelsflirt oder mehr?

Britische Medien freuen sich an Donald Trumps Geschmack bei der Inneneinrichtung. Dass er eine Bronzebüste von Winston Churchill im Oval Office aufstellen liess, wird in Großbritannien als Indiz gewertet, dass die „Special Relationship“ zwischen London und Washington wieder inniger werden könnte. Am Freitag nun besucht Premierministerin Theresa May Donald Trump in der US-Hauptstadt. Was erhofft sich May dabei?

Premierministerin Theresa May hat in den letzten Tagen mehrfach von „Global Britain“ gesprochen. Von einer nicht mehr europäischen Regionalmacht also, sondern von einem globalen Fußabdruck für die Briten, vielleicht mit historischem Unterton. Nach der Abkehr von der EU und deren Binnenmarkt winkt offenbar ein Ersatz in Form der Vereinigten Staaten. Da sind nostalgische, sentimentale Motive dahinter. May sprach heute in Philadelphia offenbar von einer anglo-amerikanischen Führungsrolle in der Welt, was den Mund sehr voll genommen ist. Im Grunde will May ein Versprechen Trumps: einen raschen Handelsvertrag mit den USA, sobald der Brexit rechtskräftig geworden ist.

Selbst wenn ein solcher Vertrag zustande kommen sollte, würde es doch die wirtschaftliche Verflechtung Großbritanniens mit der EU nicht ersetzen. Die USA sind zwar der größte britische Exportmarkt unter den Staaten. Zusammen aber sind die EU-Staaten zweieinhalbmal so wichtig und für die britischen Importe fast siebenmal wichtiger als die Amerikaner. Auch stellen sich im Falle eines britisch-amerikanischen Handelsabkommens dieselben politischen Fragen wie bei TTIP, dem inzwischen gescheiterten multilateralen Abkommen EU-USA: Dürfen beispielsweise private US-Gesundheitskonzerne mit dem staatlichen britischen Gesundheitsdienst konkurrieren? Werden Chlorhühnchen und genetisch manipulierte Nahrungsmittel auf britischen Tellern erscheinen? Diese Probleme würden sich bei einem bilateralen Abkommen nicht ändern.

Wie gross ist Trumps Interesse an einem Freihandelsabkommen mit den Britenist, hängt in erster Linie von Trump ab. Er ist immer noch Geschäftsmann. Bei einer solchen Frage überlegt er sich, was die USA mit einem solchen Abkommen gewinnen könnten. Die Eckdaten zeigen, Großbritannien ist ein wichtiger Handelspartner der USA, aber nicht so wichtig wie etwa Mexiko, Kanada und China.

Die Außenhandelsbilanz USA-GB ist in etwa ausgeglichen. Zudem gibt es sehr viele Direktinvestitionen zwischen den beiden Staaten. Das spricht eigentlich für ein solches Abkommen. Trump hat denn auch zumindest Offenheit signalisiert und im Gegensatz zum Vorgänger Obama festgehalten, dass die Briten sich für einen solchen Deal nach der Brexit-Abstimmung nicht zuhinterst anstellen müssten.

Trump wird sicher mit aller Härte verhandeln wollen, ungeachtet der „Special Relationship“. Er will künftig bilaterale Abkommen statt multilaterale Verträge, weil er so mehr aus dem Verhandlungspartner herausquetschen kann. Vor allem bei den ersten solchen Verträge kann er es sich innenpolitisch gar nicht erlauben, allzu viel nachzugeben, vor allem nicht auf Kosten der US-Arbeitnehmer: „America first“. Trump weiß, dass die Briten ein solches Abkommen viel stärker brauchen als er. Auch können sich die Briten nicht mehr als Einfallstor zum EU-Markt anbieten. Das alles versetzt Trump in eine sehr gute Verhandlungsposition.

Ursprünglich war die «Special Relationship» vor allem auch von sicherheitspolitischer Nähe geprägt. Aber das ist für die Briten wesentlich wichtiger als für die Amerikaner. Es geht um ein Prestige, dass durch die militärische Realität längst nicht mehr gewährleistet ist. Eine Ausnahme machen wohl die Geheimdienste, wo die Zusammenarbeit für die Amerikaner noch wichtig ist. Militärisch aber fehlen den Briten schlicht die Kapazitäten, wie sich im Südirak und in Afghanistan in den letzten Jahren vielfach zeigte. Politisch ist die Versuchung der Briten, sich etwas aufzuplustern, oft unwiderstehlich. Die Asymmetrie zwischen London und Washington ist aber offensichtlich. Wenn die Amerikaner ein britisches Abenteuer für unsinnig halten wie etwa in Suez oder den Falklands, sagen sie das. Wenn die Briten Zweifel an einem US-Vorhaben haben, machen sie trotzdem mit, wie der Irak-Krieg fatal illustrierte.

von

Günter Schwarz – 27.01.2017