Viele US-Klimaforscher befürchten, dass mit dem Amtsantritt von Donald Trump Umwelt-Daten von den Webseiten der US-Behörden gelöscht werden.

Bethany Wiggin ist Professorin der University of Pennsylvania. Zurzeit erlebt sie hektische Tage, denn sie koordiniert landesweit Aktivisten, die von den Webseiten der US-Behörden alle Umweltdaten kopieren, die sie in die Finger bekommen können. Wiggin hat darum mit anderen Wissenschaftlern die Webseite DataRefuge.org ins Leben gerufen – ein Online-Zufluchtsort für Umweltdaten.

Die geretteten Daten sind wichtig. Sie zeigen, wie viel Treibhausgase einzelne Fabriken und Kraftwerke ausstoßen. Oder geben Auskunft über die Luftqualität: „In Philadelphia werden sie täglich von der Staatsverwaltung benutzt, um die Luftqualität einzuschätzen. Sie entscheiden dann, ob Kinder hinausgehen oder draußen spielen dürfen – oder ob die Luftqualität zu schlecht ist“, sagt Wiggin.

Trump liefert Gründe zur Sorge

Bethany Wiggin fürchtet, die neue Regierung könnte diese Daten löschen. Gründe dazu hat sie einige. Donald Trump verkündete schon im Wahlkampf, der Klimawandel sei ein Scherz und die Klimaschutzpolitik seines Vorgängers Obama müsse gestoppt werden. Außerdem hat er viele Politiker als Minister berufen, die ebenso denken und die enge Verbindungen zur Kohle- und Ölindustrie haben. Bereits in den paar Tagen der Amtszeit hat die Regierung Projekte auf den Weg gebracht, die dem Klima schaden. Zum Beispiel will sie zwei Ölpipelines bewilligen, die Barack Obama gestoppt hatte.

Vor diesem Hintergrund treffen sich momentan in den ganzen USA Computerspezialisten und Forscher, um möglichst viele Umweltdaten von den Behördenwebseiten zu sichern. Doch das ist nicht immer ganz einfach.

Behörden-Daten nicht leicht zugänglich

Einige Daten lassen sich mithilfe von Programmen automatisch herunterladen. Es gibt aber auch viele Datenbanken, die nicht so leicht zugänglich sind. Da braucht es Coder und Hacker. Sie programmieren Software, um diese herunterzuladen. Anschließend laden sie sie wieder auf einen öffentliche Server, auf die die Regierung keinen direkten Zugriff hat – zum Beispiel DataRefuge.org.

Viele wichtige Umweltdaten lagern jedoch nicht auf den Webseiten der Behörden, sondern in den Computern der Universitäten. Dort sind sie sicher vor Löschaktionen der Regierung. Das sagt auch Reto Knutti, schweizer Klimaforscher von der ETH Zürich, der gegenwärtig für ein Jahr in den USA arbeitet.

Jedoch machen in manchen Bereichen die Bundesbehörden die Messungen, zum Beispiel in der Luft oder im Wasser: „Diese Daten gehören der Regierung. Und wenn sie die Regierung nicht mehr zur Verfügung stellen will, dann kann sie behaupten, sie existieren nicht. Oder sie können den Zugang erschweren. Das ist natürlich mühsam für uns Forscher“, erklärt Knutti.

Schweigepflicht für Umweltbehörde

Gegenwärtig ist unklar, wie viele Daten die Regierung tatsächlich verschwinden lassen will. Berichte, Dementis und Gerüchte jagen sich. Es hieß zum Beispiel, die Umweltbehörde EPA sei angewiesen worden, alle Webseiten mit Bezug zum Klimawandel vom Netz zu nehmen. Später wurde dies dementiert.

Die Angestellten der EPA dürfen nicht mehr mit der Presse reden. Einige tun es trotzdem anonym und berichten von großer Verunsicherung unter der Belegschaft. Immerhin hat ein Trump-Vertrauter davon gesprochen, dass die Umweltbehörde um mindestens die Hälfte geschrumpft werden soll, dies würde bedeuten, dass sie vielleicht viele wichtige Messdaten gar nicht mehr erheben könnte und ihre Arbeit drastisch reduziert.

Keine großen Datenmengen gelöscht

Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht erstaunlich, dass sich bisher keine EPA-Angestellten bei Bethany Wiggin für eine Mitarbeit zur Datenrettung gemeldet haben. „Wir haben aber das Glück, dass wir Hilfe von ehemaligen EPA-Mitarbeitern im Ruhestand bekommen“, erklärt Wiggin.

Die allerschlimmste Befürchtung ist bisher aber nicht eingetreten,dass nämlich sofort nach dem Amtsantritt von Präsident Trump große Datenmengen gelöscht werden. Doch Bethany Wiggin schätzt die Lage als unsicher ein: „Wir wissen nicht was passieren wird. Wir sind so etwas wie eine Versicherung und hoffen, dass diese nie gebraucht wird. Aber es ist besser, auf Nummer sicher zu gehen.“

Skepsis bleibt

Klimaforscher Reto Knutti ist nicht an der Datensicherung beteiligt, aber er schätzt die Lage ähnlich ein: „Ich habe vor ein paar Wochen gedacht, das könnte eine Überreaktion sein. Aber nachdem, was man gesehen hat in den ersten Tagen der neuen Administration, bin ich anderer Meinung. Die sind zu allem fähig.“

Viele Forscher in den USA sehen das offenbar ähnlich. Es bilden sich von Tag zu Tag mehr Gruppen, die weitere Umweltdaten von den Webseiten der US-Behörden herunterladen und an einem sicheren Ort speichern.

von

Günter Schwarz – 29.01.2017