Was geschah am 29. Januar 1876 in unserem Dänemark?
Der dänisches Komponist Ludolf Nielsen wird am 29. Januar 1876 in dem kleinen Dorf Nørre Tvede bei Næstved im Süden der Insel Sjælland (Seeland) als Sohn eines Bauern geboren.
Ludolf Nielsen, der Sohn eines Bauern, zeigte schon als Kind großes musikalisches Talent und erhielt ab 1883 den ersten geregelten Violinenunterricht. 1892 zog er nach København, um dort weiteren Unterricht zu nehmen. Drei Jahre später, im Alter von 19 Jahren, erhielt er ein Stipendium, das ihm ermöglichte, am Konservatorium Violine, Klavier und Musiktheorie zu studieren. Während seiner Studien begann Nielsen, autodidaktisch erste Kompositionen zu verfassen. 1897 wurde er als Bratschist ins Københavns Tivoli-Orchester aufgenommen, im darauffolgenden Jahr schloss er seine Studien ab.
Um die Jahrhundertwende trat er mit ersten Kompositionen an die Öffentlichkeit. Kurze Zeit später erhielt Nielsen erneut ein Stipendium und konnte sich in den Jahren 1903 und 1904 in Leipzig weiterbilden. In den folgenden Jahren mehrte sich seine Reputation als Komponist in und außerhalb Dänemarks. Der Erste Weltkrieg bedeutete einen tiefen Einschnitt in seinem Leben. Er musste Kompositionsunterricht geben und ein Amateurorchester leiten, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. 1926 wurde Nielsen musikalischer Berater des Dänischen Rundfunks, was er bis 1932 blieb. Insgesamt aber wurde er nach dem Ersten Weltkrieg abgesehen von einigen wenigen Erfolgen kaum mehr öffentlich als Komponist wahrgenommen und geriet allmählich in Vergessenheit.
Nielsens Schaffen lässt sich in zwei Perioden einteilen. In der ersten Periode ist sein Schaffen deutlich von der Spätromantik beeinflusst. Kennzeichen seiner Werke dieser Zeit sind opulente Klangfülle und ein Hang zu Ideen des Symbolismus. Aus vielen Werken spricht tiefer Idealismus und ein gewisser Hang zum Positiven. Besonders auffällig ist die Verwendung des zyklischen Prinzips in vielen größer angelegten Werken, das heißt die meisten Themen kehren satzübergreifend wieder und haben teilweise sogar eine gewisse Funktion. In dieser Hinsicht erweist sich Nielsen stärker als jeder andere dänische Komponist als von César Franck beeinflusst. Außerdem hegt er eine Vorliebe für Themen, die an Tänze und Spielmannsweisen erinnern.
Während des ersten Weltkrieges schrieb Nielsen keine neuen Werke, doch nach dem Krieg begann er wieder mit dem Komponieren. Erschüttert durch die schrecklichen Ereignisse glaubte er jedoch, seinen früheren Stil nicht mehr aufrechterhalten zu können. In seiner zweiten Schaffensperiode schrieb er deshalb längst nicht mehr so romantisch wie zuvor, sondern legte verstärkt Wert auf Polyphonie und Linearität. An die Stelle der bis dahin vorherrschenden Chromatik trat nun eine Vorliebe für Bitonalität. Auch wenn er weiterhin Elemente der dänischen Folklore in seine Musik einbaute, wirkten die Werke der zweiten Schaffensperiode sehr viel distanzierter und kühler als die der ersten. Nielsen stand spätestens seit dem ersten Weltkrieg völlig im Schatten seines Namensvetters Carl Nielsen.
Ludolf Nielsen verstarb am 16. Oktober 1939 in København und musste somit nicht mehr die Besetzung Dänemarks durch Adolf Hitlers Wehrmacht erleben, die vom 9. April 1940 bis zum 5. Mai 1945 andauerte. Übrigens war Adolf Hitler auch an einem 29. Januar vom damaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum deutschen Reichskanzler ernannt worden – das war allerdings im Jahr 1933.
von
Günter Schwarz – 29.01.2017