Der 49-jährige Bundesrichter Neil Gorsuch soll nach dem Willen von US-Präsident Donald Trump neuer Richter am Supreme Court werden. Trump benannte den konservativen Juristen aus dem Bundesstaat Colorado am Dienstagabend (Mittwochfrüh MEZ) in Washington. „Er hat außerordentliche juristische Fähigkeiten und ist ein brillanter Kopf“, sagte Trump.

Nach der „Verteidigung der Nation“ sei die Nominierung der obersten Richter aus seiner Sicht die „wichtigste Entscheidung“ eines US-Präsidenten, sagte Trump zudem. Die Ernennung bezeichnete er als Erfüllung eines Wahlkampfversprechens, er sei „ein Mann des Wortes“, so Trump.

Konservative Tendenz gestärkt

Der Supreme Court als Verfassungsgerichtshof ist als letzte Instanz für umstrittene Regierungsentscheidungen von entscheidender Bedeutung für die politische Weichenstellung des Landes. Von den acht Richterposten sind derzeit vier von eher konservativen und vier von eher liberalen Richtern besetzt – mit Gorsuch käme eine konservative Stimme dazu. Die Mehrheit des politisch sehr mächtigen Supreme Court würde dann wohl eher zu konservativen Entscheidungen tendieren.

Mehr Intellektueller, weniger Hardliner

Allerdings gilt Gorsuch nicht als der Hardliner, den viele Liberale in den USA als Trumps Favoriten befürchtet hatten, sondern eher als über Parteigrenzen hinweg respektierter Intellektueller. Gorsuch, dessen Mutter für die Reagan-Regierung gearbeitet hatte und der selbst schon für George W. Bush aktiv war, gilt als Verfechter einer wörtlichen Auslegung der Verfassung, jedoch nicht als Ideologe.

Doch auch Gorsuch dürfte bei Streitthemen wie Abtreibung und Waffengesetze eine stramm konservative Linie verfolgen. Als Jurist hatte er sich bisher vor allem für die Deregulierung von Strafgesetzbüchern und gegen aktive Sterbehilfe starkgemacht. Gegenwärtig ist er an einem Berufungsgericht in Denver tätig.

60 Stimmen notwendig

Die Demokraten im US-Senat hatten angekündigt, Trumps Vorschlag blockieren zu wollen. Im Senat haben die Republikaner von Trump eine Mehrheit von 52 zu 48 Stimmen. Gemäß der Geschäftsordnung des Senats muss ein Supreme-Court-Richter mit mindestens 60 Stimmen bestätigt werden. Trump empfahl aber bereits die „nukleare Option“: Dann würden mit der republikanischen Mehrheit des Senats die Abstimmungsregeln derart geändert, dass eine einfache Mehrheit zur Bestätigung eines neuen Mitglieds des obersten Bundesgerichts ausreicht.

Der Vorsitzende der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, kündigte im Vorfeld an, mit allen Mitteln gegen den Vorschlag Trumps zu kämpfen, falls dieser nicht der Mehrheitsmeinung entspreche. Der demokratische Senator Jeff Merkley versprach zudem, jeden Kandidaten Trumps, der nicht Garland sei, mit einer als Filibuster bekannten Marathonrede zu blockieren. Mit dieser Methode versuchten die Demokraten bereits 2006 – wenn auch vergeblich -, den vom damaligen Präsidenten George W. Bush nominierten Samuel Alito zu verhindern.

Obama scheiterte mit Nachbesetzung

Generell hat der US-Präsident das Recht, Kandidaten für das neun Richter umfassende Gericht vorzuschlagen, der Senat muss sie jeweils bestätigen. Da die Ernennung eines US-Höchstrichters auf Lebenszeit gilt, kann diese die politische Ausrichtung des Gerichts auf Jahre bestimmen.

Seit dem Tod des konservativen Richters Antonin Scalia im vergangenen Februar herrscht im Supreme Court ein Patt: Vier der jetzigen Richter wurden von demokratischen Präsidenten vorgeschlagen, die übrigen vier von republikanischen Staatsoberhäuptern. Trumps Vorgänger Barack Obama ernannte zwar einen Nachfolger. Doch die Republikaner im Senat weigerten sich, den Kandidaten Merrick Garland überhaupt anzuhören. Obwohl Garland als Moderater gilt, blockierten sie die Neubesetzung gezielt bis nach der Wahl.

„Unglaublich respektierte“ Person

Fest steht, Trump will die konservative Mehrheit im Höchstgericht wiederherstellen. Bereits im Wahlkampf veröffentlichte er eine Liste von elf potenziellen und ausschließlich konservativen Kandidaten. Nachdem er am Montag via Twitter über die anstehende Ankündigung seiner Entscheidung informiert hatte, sagte er gegenüber Reportern zudem, dass er eine Person nominieren werde, „die unglaublich respektiert wird“. Evangelikale Christen würden seine Entscheidung „lieben“, so Trump.

Die angesprochene Religionsgruppe gehört in den USA zu den entschiedensten Gegnern von Abtreibungen. Der Supreme Court hat abseits davon auch in vielen anderen politischen und gesellschaftlichen Streitthemen wie Waffenbesitz, Todesstrafe und Einwanderung das letzte Wort.

von

Günter Schwarz– 01.02.2017