(New York) – Vor Kurzem bejubelten die Investmentbanker von Goldman Sachs Donald Trump noch. Doch nach seinen ersten zwei Wochen im Amt sind sie ernüchtert. Jetzt fürchten sie sich vor der Schock-Politik des neuen Präsidenten und sind enttäuscht über den Vizepräsidenten Mike Pence, der als erfahrener Politik-Profi der Republikaner den Politik-Laien Donald Trump nicht zu beeinflussen vermag.


Das öffentlich demonstrierte Vertrauen täuscht.
Alles hatte so schön angefangen. Als Donald Trump im Januar ins Weiße Haus einzog, blickten die Analysten der Wall Street in eine rosige Zukunft. Sie erwarteten drastische Steuersenkungen, einen Abbau von Regulierung und einen Wachstumsschub durch Trumps Infrastrukturpaket. Nach Trumps ersten zwei Wochen im Amt sind die „Flitterwochen“ nun offenbar vorbei. Jedenfalls bei den Volkswirten von Goldman Sachs.

Mauer zu Mexiko, Strafzölle, Einreisestopp – das zornige Gewitter von Dekreten aus dem Weißen Haus hat sie eines Besseren belehrt: Trump regiert nach seinem Amtsantritt genauso stur, impulsiv und unvorhersehbar, wie er zuvor Wahlkampf gemacht hat – und er lässt sich von niemanden dreinreden und gar beraten. Und Unsicherheit mag die Wirtschaft gar nicht.

Goldman Sachs blickt daher nun pessimistischer in die Zukunft. „Nach der Wahl schien die positive Stimmung bei Investoren, Firmen und Verbrauchern darauf hinzudeuten, dass die Wahrscheinlichkeit für Steuersenkungen und schwächere Regulierung höher lag als für ernsthafte Beschränkungen bei Handel und Einwanderung“, schrieben die Analysten laut „Bloomberg“ kürzlich. „Nach einem Monat im neuen Jahr ist das Gleichgewicht dieser Risiken aus unserer Sicht etwas weniger positiv.“

Drei Dinge geben den Analysten Anlass zur Sorge. Trump kommt bei seiner großangekündigten Gesundheitsreform viel langsamer voran als geplant – ein Zeichen, dass auch die Umsetzung anderer Großprojekte länger dauern könnte, als Investoren gehofft hatten. „Die Schwierigkeiten, die die Republikaner bei der Abschaffung von Obamacare bisher gehabt haben, ist kein gutes Omen für eine schnelle Einigung auf eine Steuerreform oder Infrastrukturausgaben“, heißt es in der Analyse. „Das bestärkt uns in unserer Einschätzung, dass ein Konjunkturpaket, wenn es zustande kommt, eher eine Sache für 2018 ist“.

Zudem hätte Trumps umstrittener Einreisestopp die Gräben zwischen Demokraten und Republikanern weiter aufgerissen. „Die politische Landschaft scheint so polarisiert zu sein wie nie zuvor. Bei vielen Themen, die überparteiliche Zusammenarbeit erfordern, wird es daher wahrscheinlich erhebliche Widerstände geben“, schreiben die Volkswirte. „Die jüngsten Entwicklungen verringern die Wahrscheinlichkeit etwas, dass auch nur schrittweise Veränderungen den Senat passieren werden“.

Und zu guter Letzt bereitet Goldmans Analysten Sorge, dass Trump sich in den ersten Wochen im Weißen Haus tatsächlich so ausländer- und handelsfeindlich gezeigt hat wie auf Wahlkampftour. „Einige der Amtshandlungen der Trump-Administration sind eine Warnung, dass der Präsident seine Wahlkampfversprechen bei Handel und Einwanderung wahrscheinlich wirklich wahr macht“, urteilen die Wirtschaftsfachleute. „Einige könnten für die Finanzmärkte und die Wirtschaft zerstörerisch sein“.

von

Günter Schwarz – 09.02.2017