Hunderte von Festnahmen in den USA
Während das per Gericht nach wie vor ausgesetzte Einreiseverbot weiter für Schlagzeilen sorgt, haben US-Behörden offenbar mit der Umsetzung eines bisher weit weniger beachteten Erlasses von US-Präsident Donald Trump begonnen. Nach Angaben der „Washington Post“ wurden bei Razzien in mehreren US-Bundesstaaten Hunderte Personen ohne gültige Aufenthaltspapiere festgenommen. Bereits zuvor wurde der Fall einer 35-jährigen Mexikanerin bekannt, die nach über 20 Jahren in den USA nun im Schnellverfahren nach Mexiko abgeschoben wurde.
Der „Washington Post“ zufolge seien in etlichen US-Bundesstaaten mehrere hundert Einwanderer ohne Aufenthaltspapiere festgenommen worden. Es sei die größte Aktion dieser Art seit einer Anordnung des Präsidenten Donald Trump vom 26. Januar zum härteren Vorgehen gegen Menschen, die sich ohne gültige Papiere in den USA aufhalten, wie die Zeitung am Freitag (Ortszeit) unter Berufung auf die Einwanderungsbehörde weiter berichtet.
Die beim Heimatschutzministerium angesiedelte Einwanderungsbehörde (ICE) habe Einsätze in Städten wie Atlanta, Chicago, New York, der Region Los Angeles und den US-Bundesstaaten North und South Carolina bestätigt. Auch in Florida, Kansas, Texas und Virgina habe es US-Medienberichten zufolge Razzien gegeben.
Ausweisung auch ohne Vorstrafe?
Dem Bericht zufolge richteten sich die Razzien zwar offiziell gegen bekannte Straftäter, es seien aber auch Einwanderer ohne Vorstrafen festgenommen worden. Allein in der Region Los Angeles seien bis Freitag 160 Personen festgenommen worden – rund 75 Prozent davon hätten ein Vorstrafenregister, der Rest habe sich entweder nur kleinere oder gar keiner Vergehen schuldig gemacht, wie die „Washington Post“ weiter berichtete.
Die von Trump bereits im Wahlkampf angekündigte verschärfte Abschiebepraxis, sollte sich zunächst gegen Einwanderer ohne Aufenthaltspapiere richten, die vorbestraft sind. Medienberichten zufolge habe Trump das erst vor wenigen Wochen aber „korrigiert“. Schätzungen zufolge leben rund elf Millionen Menschen ohne die nötigen Dokumente in den USA.
Erste Abschiebung im Schnellverfahren
Bei vielen sorgen die auch über Soziale Medien verbreiteten Berichte über Festnahmen und Abschiebungen für Panik. Berichtet wird etwa von Restaurantarbeitern in Georgia, „die sich nicht trauen, zu Fuß nach Hause zu gehen – aus Angst, angehalten und befragt zu werden“, wie etwa die „Zeit“ mit Verweis auf US-Medien berichtet.
„Neue Realität“
Unterdessen reagierte auch das mexikanische Außenministerium auf die „neue Realität“ für seine Staatsbürger in den USA. Einem Ministeriumshinweis zufolge wird in den USA lebenden Mexikanern empfohlen, „Vorsichtsmaßnahmen“ zu treffen und „Kontakt mit dem nächsten Konsulat zu halten“. Die mexikanischen Konsulate in den USA würden zudem „ihre Bemühungen, Landsleute in Erwartung einer Verschärfung der Immigrationspolitik zu schützen“ intensivieren.
Im vergitterten Bus nach Mexiko
Von den Festnahmen und Abschiebungen seien Medienberichten zufolge Einwanderer aus einem Dutzend lateinamerikanischer Staaten betroffen. Viele stammen, wie Guadalupe Garcia de Rayos, aus Mexiko. Die 35-Jährige gilt als erste Betroffene der von Trump proklamierten Verschärfung der Migrationsgesetze und war offenbar auch Anlass für die Warnung aus Mexiko.
Schon vor Trump-Amtsantritt geplant?
Menschenrechtsorganisationen werteten die jüngsten Festnahmen als Beleg dafür, dass die Beamten ihr Vorgehen verschärft haben. Mehrere demokratische Kongressabgeordnete zeigten sich besorgt. Unter Einwanderern sei die Furcht groß, dass die von Trump versprochenen harten Maßnahmen in vollem Gang seien, heißt es in einem Brief des „Congressional Hispanic Caucus“, einer Gruppe von Abgeordneten mit hispanischen Wurzeln.
David Marin von der ICE-Einwanderungsbehörde in Los Angeles sagte dagegen, die Einsätze seien schon vor Trumps Amtsantritt geplant worden. Im vergangenen Sommer habe es eine ähnliche Aktion gegeben, bei der 112 Menschen festgenommen wurden, zitierte die „Los Angeles Times“ den Beamten.
Auch unter Trumps Vorgänger Barack Obama gingen die Behörden gegen illegale Einwanderer vor, die Straftaten begangen hatten. Während der beiden Amtszeiten des Demokraten gab es mehr als 2,5 Millionen Abschiebungen. Dennoch wurden vor allem von Vertretern der demokratischen Partei die nun durchgeführten Razzien scharf kritisiert.
Protest vor ICE-Sitz in New York
„Der Politikwechsel von Präsident Trump verrät unsere Werte“, protestierte etwa die Senatorin Dianne Feinstein aus dem US-Bundesstaat Kalifornien. Der Kongressabgeordnete Joaquin Castro aus Texas erklärte, er habe die Behörden aufgefordert zu klären, ob die Festgenommenen „wirklich eine gefährliche und gewaltsame Bedrohung für unsere Städte darstellen, oder ob sie nicht einfach da sind, um ihren Beitrag zu unserem Staat zu leisten“
von
Günter Schwarz – 12.02.2017