(Berlin) – Im Skandal um demütigende Rituale und sexuelle Nötigung in einer Bundeswehr-Kaserne im baden-württembergischen Pfullendorf hat ein interner Bericht des Verteidigungsministeriums neue erschreckende Details zutage gebracht. Der Bericht des Ministeriums ist klar und in den Details widerlich und ekelhaft.

Auf über 20 Seiten hat das Verteidigungsressort zusammengestellt, was sich in der Kaserne Pfullendorf abgespielt hat. „Gravierende Defizite in Führung, Ausbildung, Erziehung sowie Dienstaufsicht“, stellt es dabei laut Spiegel-Online fest. Hinter den üblen Praktiken, bei denen Rekruten zum Teil nackt misshandelt wurden, steht demnach eine gesamte Ausbildungsabteilung in der baden-württembergischen Kaserne.

Dem Ermittlungsbericht zufolge zwangen Ausbilder untergebene Soldatinnen zum Tanz an der Stange und tasteten sie im Intimbereich ab. Der Bericht nimmt Bezug auf Schilderungen einer Soldatin, die 2016 in Pfullendorf als Oberfähnrich war. Der Bericht liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. „Spiegel Online“ hatte zunächst darüber berichtet.

An diesem Mittwoch befasst sich der Verteidigungsausschuss mit dem Fall Pfullendorf. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach Bekanntwerden der Vorfälle erklärt, die Missstände seien „bestürzende Zeichen für einen Mangel an Führung, Haltung und Kultur“.

Und ist es nur ein Pfullendorfer Problem, menschliches Versagen an einem einzigen Standort oder ist es ein Problem der gesamten Bundeswehr? Darüber soll an diesem Mittwoch im Verteidigungsausschuss des Bundestags gesprochen werden. „Das Ministerium muss klären, ob es weitere Vorgänge gibt, über die wir bislang nicht informiert wurden“, sagt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, dieser Zeitung.

Befragt wird der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker. „Ich hoffe, seine Antwort ist Nein“, sagt Arnold. Schon erschüttert der Skandal für die Bundeswehr massiv, zumal die Truppe händeringend um Nachwuchs sucht. Das Ministerium hat eine Telefon-Hotline eingerichtet, damit sich Betroffene melden können ohne den eigentlich vorgeschriebenen Dienstweg über ihre Vorgesetzten einzuhalten.

Mehrere Soldaten entlassen

Aus der Skandal-Kaserne wurden mehrere Soldaten aus Mannschaftsdienstgraden entlassen und einige Vorgesetzte und Ausbilder versetzt – offenbar allerdings zum Teil auch zur Elitetruppe Kommando Spezialkräfte (KSK).  „Ich bin nicht sicher, ob Versetzen in jedem Fall reicht“, sagt Arnold auch. Ein möglicher schärferer Schritt wäre das Degradieren derer, die unter anderem gebilligt haben, dass Ausbilder bei Soldatinnen Brüste und Genitalbereich abtasteten und sie aufforderten, an einer Tanzstange zu tanzen.

Arnold will im Ausschuss auch erfragen, warum Informationen über die Vorfälle nur schleppend weitergegeben wurden. „Es wurde zunächst nicht entschlossen genug ermittelt und gehandelt“, sagt er.

von

Günter Schwarz – 15.02.2017