Lykke Friis über Deutschlands Rolle: „Nicht Lederhose, sondern Leaderhose“
(Schloss Schackenborg) – Die ehemalige dänische Klima- und Energieministerin (2009 – 2011) Lykke Friis in der damaligen Regierung des auch heute amtierenden Statsministers Lars Løkke Rasmussen warnt Dänemark bei einem Vortrag auf Schloss Schackenborg vor Alleingängen mit Donald Trump.
Nachdem zwei traditionelle Eckpfeiler der dänischen Außenpolitik, Großbritannien und die USA, unsicher geworden sind, wird die Bedeutung des Nachbarn Deutschlands weiter zunehmen. Deutschland muss – auch wenn man es nicht so wünschen mag – noch mehr Verantwortung für Europa übernehmen und nicht in „Lederhosen“ sondern eher in „Leaderhosen“ Eutropa führen. Deutschland müsse in diesen stürmischen Zeiten „auf die Kommandobrücke des europäischen Schiffes und könne sich nicht in der Kajüte verstecken“. Dies erklärte die ehemalige Venstre-Ministerin Lykke Friis in einem Vortrag auf Schloss Schackenborg.
Vor ausverkauftem Haus warnte sie die dänische Regierung davor, sich gegenüber den USA auf Alleingänge einzulassen, um sozusagen bei Donald Trump „lieb Kind“ zu werden. Das wäre überaus gefährlich, und sie schätzt Statsminister Lars Løkke Rasmussen so ein, klug genug zu sein, sich auf solche gefährlichen Billardspiele nicht einzulassen, so die Analyse von Lykke Friis.
Lykke – ihre Mutter war eine Deutsche, ihr Vater war Däne, und nach ihren Worten hat sie sozusagen Deutschland als Mutterland und Dänemark als Vaterland – kritisierte in ihrer Rede die viel zu starke Gewichtung auf die USA hier im Lande. Dies gelte für die Medien, aber nicht zuletzt auch für die dänischen Politiker.
Natürlich seien die Kontakte auf Regierungsebene zwischen Berlin und København durch die Zusammenarbeit in der EU ausgezeichnet, aber es sei doch enttäuschend, dass es nur wenige Politiker auf Christiansborg gibt, die sich für Deutschland interessieren und die vor allem ein eigenes persönliches Netzwerk zu deutschen Politikern pflegen.
Brexit wird lange dauern
Nach den Worten von Lykke wird sich Dänemark zwar – unter anderem wegen des Euros – nicht einem Kern-Europa anschließen, aber es sei für dänische Interessen wichtig, so dicht am Kern Europas angesiedelt zu sein, mit anderen Worten, die Nähe zu Deutschland zu suchen. Sie warnte vor dem Glauben, dass der Brexit schnell vollzogen werden könne. Das wird mindestens zehn Jahre dauern, so Lykke, die darauf verwies, dass Verhandlungen zwischen Grønland und der EU, wo es „nur“ um Fisch gegangen sei, erst nach drei Jahren hätten abgeschlossen werden können. Und die Briten fordern ja auch noch ihren Anteil am „EU-Weinkeller“, so Lykke ironisierend.
Die Wahlen in Holland, Frankreich und Deutschland seien in diesem Jahr von größter Wichtigkeit für die Zukunft Europas. Sie sieht weder den holländischen Rechtspopulisten Wilders noch Marine Le Pen als Sieger aus diesen Wahlen hervorgehen, „aber sicher ist heute nur, dass nichts mehr ausgeschlossen werden kann“. Offener ist nach den Worten der Vorsitzenden der Außenpolitischen Gesellschaft der Ausgang der deutschen Wahl, wo Bundeskanzlerin Merkel nach so vielen Regierungsjahren auch etwas amtsmüde scheint.
Mit Martin Schulz habe die SPD erstmals seit vielen Jahren eine echte Alternative anzubieten, doch glaubt Lykke trotz des gegenwärtigen Schulz-Hypes bei den Meinungsumfragen in Deutschland nicht an einen Erfolg für Rot-Rot-Grün bei der Bundestagswahl.
„Die Wahrscheinlichkeit ist am größten, dass am Ende in Berlin wieder eine Große Koalition gebildet wird – unter der Leitung von Angela Merkel“, sagte Lykke in der Diskussion nach ihrem laut Zuhörer „brillanten Feuerwerk“ auf Schackenborg.
von
Günter Schwarz – 15.02.2017