„Maischberger“ zu Trump – Thilo Sarrazin als „Trump-Versteher“
Sandra Maischberger hatte am Mittwochabend, dem 15. Februar, von 22:45 Uhr bis Mitternacht einen gewohnt alarmistischen Trump-Tenor an den Tag gelegt. „Trump gegen den Rest der Welt?“, fragte die Redaktion am Mittwochabend besorgt. Gäste waren CDU- Außenpolitiker Norbert Röttgen, Autor Thilo Sarrazin, Journalist Ulrich Kienzle, Finanzexpertin Sandra Navidi und Historiker Michael Wolffsohn.
Mit Nonchalance wirft Donald Trump alte Maximen der US-Politik über den Haufen, rudert dann wieder zurück und verstrickt sich in Widersprüche. Weiter rätselt die Welt, wo der neue Präsident die USA hinführen will. Ein erster Showdown wird auf der Sicherheitskonferenz in München erwartet, wenn dort erstmals die neue Regierung, US-Vizepräsident Mike Pence und Verteidigungsminister James Mattis, auf die globale Politelite treffen. Wie wird sich „America First“-Kredo im internationalen Miteinander auswirken? „Trump gegen den Rest der Welt?“, fragte Sandra Maischberger am Mittwochabend ihre Gäste.
Wer wegen der Politik von Donald Trump schon das Schlimmste befürchtet hatte, konnte sich zuletzt ein wenig entspannen. Innenpolitisch stößt der US-Präsident mit Vorhaben wie seinem Einreisedekret auf Gegenwehr. Außenpolitisch hat seine Regierung von sich aus viele Aufregerthemen entschärft: Die USA stehen weiter zur Nato, plötzlich kritisch zu Russland und suchen nun doch den Dialog mit China.
Donald Trumps Widersprüche als kluge Taktik?
Mit der Unsicherheit verbessere Trump möglicherweise seine Verhandlungsposition, argumentiert der Historiker Michael Wolffsohn. Beim Ringen auf internationalem Parkett habe der Präsident neue Chancen, wenn er das Gegenüber möglichst lange im Unklaren lasse.
Ist Trumps Vorgehen nur ein orchestrierter, genialer Coup? „In Washington werden sie niemanden finden, der das so sieht“, sagt CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen, der in die USA gereist war, und sich ein Bild von der neuen Situation machte. In der neuen Regierung gebe es zwei Lage, die sich bekämpfen. In Justiz und US-Kongress habe sich der ideologische „Bazillus“ noch nicht verbreitet, trotzdem müsse man die Worte Trumps ernst nehmen: „Er meint, was er sagt“, und wolle das auch umsetzen.
Was Sarrazin über Trump denkt
Die Aufregung um Trump konnte auch der kontroverseste Gast, Thilo Sarrazin, nicht verstehen. Allerdings nicht etwa, weil sich die Lage entspannt hat, sondern weil der frühere Berliner Finanzsenator sowohl beim Thema Einwanderung als auch in wirtschaftspolitischen Fragen stark mit dem US-Präsidenten übereinstimmt: „Trump wendet sich gegen illegale Einwanderung und er will mehr Wertschöpfung im eigenen Land. Das sind Megathemen, mit denen er Erfolg haben kann“, sagte Sarrazin.

Menschlich ist ihm Trump allerdings nach eigenem Bekunden unsympathisch. „Er ist ein Narzisst und nicht berechenbar“, sagte Sarrazin. Insbesondere beim Thema Migration kam der frühere Vorstand der Bundesbank, der mit seinen kruden Anmerkungen zum Zusammenhang von Genetik, Intelligenz und Ethnien für einen Aufschrei gesorgt hatte, trotzdem regelrecht ins Schwärmen. „Wenn man das vernünftig vorbereitet, kann man das nicht gerichtlich stoppen“, sagte Sarrazin zu Trumps umstrittenem Einreiseverbot für Muslime aus sieben Ländern.
Die alte anti-muslimische Agenda
Den Punkt nutzte der SPD-Politiker dann auch gleich, um seine Standard-Agenda abzuspulen. Der überwiegende Teil der Muslime in westlichen Gesellschaften sei nicht angekommen, sagte Sarrazin. Deshalb sei es auch legitim, zu überprüfen, inwiefern Migranten „kulturell kompatibel“ seien. „Eine solche Einwanderung kann man durchaus rational vollziehen“, befand Sarrazin.
Diese Sichtweise führte ihn dann auch gleich dazu, Trumps Wirtschaftspolitik der Abschottung zu loben. Die Rechnung war dabei ganz einfach: Denkt man sich alle mexikanischen Einwanderer in den USA weg, gibt es mehr Arbeitsplätze und höhere Löhne für die weißen amerikanischen Arbeiter. „Man muss den Arbeitnehmer vor falscher ausländischer Konkurrenz schützen“, sagte Sarrazin.
Gegenwind für Sarrazin
Nur gut, dass Sarrazin in der Sendung mit derart einfachen Rezepten nicht davonkam. Sofort wurde er von den anderen Gästen gestellt. Die Wirtschaftsexpertin Sandra Navidi etwa warf dem früheren SPD-Politiker vor, diese Rechnung ohne weitere Faktoren der Globalisierung zu machen. Und der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen wies daraufhin, dass nicht etwa Migranten, sondern die schlechte Qualität ihrer Produkte daran schuld seien, dass viele Teile der US-Industrie abgewandert oder eingegangen sind.
Mit Blick auf das Einreiseverbot wies der Journalist und Nahost-Experte Ulrich Kienzle daraufhin, dass die Staaten, die nachweislich eng mit islamistischem Terror verbunden sind, gerade nicht von Trumps Dekret betroffen sind. Dazu gehöre vor allem Saudi-Arabien, dass das „Herz der Finsternis“ und gar „schlimmer als der IS“ sei. Der Historiker Michael Wolffsohn sprach mit Blick auf das Dekret von einem „tölpelhaften Versuch“.
Muslime und Migration lassen ihn nicht los
Und so konnte man aus dieser Ausgabe von „Maischberger“ vor allem eines lernen, nämlich dass Thilo Sarrazin seine Thematik wohl nie ändern wird. Ganz gleich, zu welchem Thema er eingeladen wird: Muslime und Migration lassen ihn einfach nicht los.
Am Ende war es trotzdem ausgerechnet dieser Talkgast, der ein klein wenig Hoffnung schürte. „Trump sagt, er hört auf mit falschen Interventionen. Dadurch wird er tatsächlich friedenstiftend wirken.“ Hoffen wir, dass Herr Sarrazin damit mal Recht haben wird.
von
Günter Schwarz – 16.02.2017