Volksabstimmung über EU-Mitgliedschaft Dänemarks soll vom Tisch
(København) – Die Radikalen der „Det Radikale Venstre“, die Alternativen von der „Liberal Alliance“ und die Sozialisten von der Socialistisk Folkeparti wollen eine Vereinbarung darüber, dass es niemals ein Referendum geben wird, dass Dänemark eine Volksabstimmung über den Austritt oder Verbleib in der EU abhalten wird – egal, wer künftig regiert.
Kritik an dieser von den drei Parteien geplanten Vereinbarung kommt selbst verständlich und erwartungsgemäß von der europafeindlichen und rechtspopulistischen Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei). Der mit seiner Minderheitsregierung von den rechten Populisten abhängige Statsminister Lars Løkke Rasmussen (Venstre / sozialliberale Partei) vollführt wie so oft als Regierungschef einen wahren „Eiertanz“ und möchte es sich möglichst mit niemanden verderben.
Es soll keine Volksabstimmung über die dänische Mitgliedschaft in der Europäischen Union geben. Zumindest nicht, wenn es nach den Radikalen, den Alternativen und der Sozialistischen Volkspartei (SF) geht. Diese drei wollen nun gemeinsam mit allen anderen Pro-EU-Parteien im Folketing eine Vereinbarung treffen, dass es nicht zu einem Referendum über die EU-Mitgliedschaft kommen wird – unabhängig davon, wer künftig den Staatsminister stellt.
„Wir schlagen vor, dass die sieben Folketingsparteien, die weiterhin eine dänische EU-Mitgliedschaft wünschen, ein für allemal festsetzen, dass es darüber keine Volksabstimmung geben wird, so der Vorsitzende der Radikalen, Morten Østergaard, zu Danmarks Radio. Durch den Austritt Großbritanniens im vergangenen Jahr, hätten auch EU-Gegner in Dänemark wieder neue Hoffnung geschöpft. Alleine die Unsicherheit darüber, ob es hierzulande eine ähnliche Abstimmung möglich sei, könne Konsequenzen haben. „Wenn nicht klar ist, dass wir weiterhin Mitglied der EU sein werden, riskieren wir, dass wir Arbeitsplätze verlieren, weil Unternehmen ihre Aktivitäten ins Ausland verlagern“, sagt der Parteivorsitzende.
Eine breite Mehrheit
Die EU-kritischsten Parteien im Folketing sind die Dansk Folkeparti (DF) und die Enhedslisten (Einheitsliste). Die Radikalen, die Alternativen und SF streben nun an, gemeinsam mit Venstre, der Liberalen Allianz, den Konservativen und den Sozialdemokraten eine blockübergreifende Vereinbarung zu schließen, dass niemals eine Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft ausgeschrieben wird.
Kritik vom DF-Fraktionsvorsitzenden Peter Skaarup folgte prompt. Seiner Ansicht nach könne es nicht im Interesse Dänemarks sein, im Vornherein Beschlüsse zu fassen, die einem später in bestimmten Situationen die Hände binden könnten.
Von DF nicht erpressen lassen
Die Motivation der Radikalen für eine Vereinbarung hängt vor allem mit der Angst zusammen, dass die Dansk Folkeparti künftig die Forderung nach einer Volksabstimmung als Druckmittel benutzten könnte, wenn es darum geht, einen neuen Staatsminister zu ernennen. Ein Gedankengang, den auch der europapolitische Sprecher der Partei Venstre, Jan E. Jørgensen teilt. Auch er befürchtet, dass die Dansk Folkeparti ein Referendum erpressen könnte, in dem es nur einem Staatsminister zustimmt, der eine Abstimmung erlaubt.
Staatsminister: Vereinbarung über eine EU-Abstimmung würde nur schaden
Sie würde kritischen Stimmen nur als Entschuldigung dienen, eine Debatte gegen die EU anzustoßen, meint Lars Løkke Rasmussen. Auch die Sozialdemokraten halten nichts von der Idee.Es schadet der EU-Debatte nur, wenn eine politische Mehrheit eine Vereinbarung darüber schließt, dass es niemals eine Volksabstimmung über die dänische EU-Mitgliedschaft geben wird. Dieser Meinung ist Staatsminister Lars Løkke Rasmussen (Venstre).
Der Staatsminister sieht dafür allerdings keinen Grund: „Es gibt überhaupt keine Planungen dafür. Dänemark gehört zur EU – und das wird so bleiben, solange ich das Sagen habe. Wir werden darüber keine Volksabstimmung abhalten“, so Løkke. Er sei der Meinung, dass es kritischen Stimmen nur als Entschuldigung diene, eine EU-kritische Debatte anzustoßen, wenn man etwas vereinbare, dass sowieso offensichtlich sei und hinter dem eine große Mehrheit auf Christiansborg stehe.
Auch bei den Sozialdemokraten stößt die Idee nach einer Absprache nicht auf Zustimmung – obwohl die Partei der EU-Zusammenarbeit gegenüber positiv eingestellt ist. „Ich finde nicht, dass so eine Vereinbarung nötig ist. Jede Partei soll selbst festlegen, welche Meinung sie vertritt. Unsere Haltung ist, dass heute eine große Verunsicherung in der Welt herrscht und wir Europäer zusammenhalten müssen“ so die Vorsitzende, Mette Frederiksen.
von
Günter Schwarz – 27.02.2017