Wäre eine Präsidentin Marine Le Pen der Sargnagel für den Euro?
(Paris) – Ein möglicher Rechts-Sieg bewegt die Finanzmärkte. Der deutsche Bundesbank-Präsident appelliert an die Franzosen. Investoren flüchten von französischen in deutsche Staatsanleihen – ein Anzeichen dafür, dass sie von einer Instabilität in Frankreich ausgehen. Der Präsident der Deutschen Bundesbank erinnert an die Vorteile offener Märkte und die Bedeutung der Europäischen Union. Würde Marine Le Pen Präsidentin, lauteten ihre Ziele unter anderen: die EU verlassen und aus dem Euro austreten. Ökonomen sehen darin das Ende für die Euro-Zone.
In Marine Le Pens Augen sind Frieden und Sicherheit Frankreichs nur noch ohne die EU möglich. Dabei war es vor 67 Jahren genau umgekehrt. „Damit der Frieden eine echte Chance hat, muss es zuerst ein Europa geben,“ lauteten die Worte des französischen Außenministers Robert Schuman, als er gemeinsam mit Deutschland den Grundstein für die EU und den Euro legte.
Im Parteiprogramm der rechtsnationalen Front-National-Frau stehen unter anderem folgende Ziele: „Volksabstimmung über unseren Verbleib in der Europäischen Union“ und „Wiedereinführung einer nationalen Währung“. Also: Raus aus der EU und weg mit dem Euro.
Deutsche statt französische Staatsanleihen
Seit die Umfragen zeigen, dass eine Präsidentschaft Marine Le Pens im Bereich des Möglichen liegt, ist an den Finanzmärkten Folgendes zu beobachten: Französische Staatsanleihen werden unattraktiver (Zinsen steigen), deutsche Staatsanleihen werden attraktiver (Zinsen sinken). Entsprechend steigen die Kurse der deutschen Staatsanleihen.
Das lässt den Schluss zu, dass Gläubiger französische Anleihen verkaufen, um sich stattdessen mit deutschen einzudecken. Denn sollte Frankreich tatsächlich den Franc wieder einführen, würde es seine Schulden auch in dieser Währung zurückbezahlen – und diese wäre nach Schätzungen 25 Prozent weniger wert als der Euro. Dass ein Land seine Schulden begleichen müsste, träte es aus der Währungsunion aus, hatte EZB-Chef Mario Draghi jüngst betont.
Jens Weidmann: „Das kann ich nicht bestätigen.“
Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, will im Interview keine Verschiebung von Kapital von Frankreich nach Deutschland bestätigen, doch er warnt vor der Politik der Abschottung, wie sie von Marine Le Pen in Aussicht gestellt wird. „Die Frage ist doch, ob die Politik-Antwort, die dort gegeben ist, die Probleme wirklich löst. Ich bin der Meinung, dass offene Märkte, freier Handel letztlich allen nützt, wenn man ihn richtig gestaltet.“
Konkret bedeute das, dass die nationale Politik die Voraussetzungen für einen Strukturwandel schaffen müsse, „ohne dass es zu großen Reibungen kommt und ohne dass dabei beispielsweise anhaltende Arbeitslosigkeit entsteht“.
Wäre ein Austritt Frankreichs das Ende des Euro?
„Frankreich ist die zweitwichtigste Volkswirtschaft der Euro-Zone. Geschichtlich haben die beiden Länder Frankreich und Deutschland den Grundstein zur EU gelegt. Ein ‹Frexit› würde tatsächlich die EU in ihren Grundfesten erschüttern. Eine EU, die hauptsächlich aus Berlin heraus geführt wird, ist für viele europäische Länder nicht akzeptabel. Ohne EU aber auch kein Euro, denn der Euro ist für einen großen Binnenmarkt geschaffen worden. Zerfällt der Binnenmarkt, braucht es auch keinen Euro mehr.“
von
Günter Schwarz – 28.02.2017