Muschelfischer „Irene“ sorgt auf der Flensburger Förde für Unmut
(Flensburg) – Die Flensburger Nebenerwerbsfischer sind verärgert über den Betrieb des Muschelfischkutters „Irene“ auf der Flensburger Innenförde, denn das grün-weiße Schiff betreibt ihrer Meinung nach – mit der sie nicht allein stehen – Raubbau am Meeresboden, und sie ist eine Gefahr für das ökologische Gleichgewicht in diesem Bereich der Förde.
Das Fangschiff, so behauptet der Vorsitzende des Fischereivereins, Horst Hansen, betreibt schon seit Jahren Raubbau am Meeresboden. Die „Irene“ ist nach der Auffassung der Fischer verantwortlich für ihre sinkenden Fangerträge und eine andauernde Schädigung des sensiblen Öko-Systems Innenförde, die nur schwer wieder ins ökologische Gleichgewicht zu bringen sein wird.
Der Kutter „Irene“, der ursprünglich nach Muscheln auf der Westseite des Landes Schleswig-Holstein im Wattenmeer gefischt hatte, ist aber eigentlich gar nicht für die derzeitige Situation verantwortlich. Das Schiff wurde für die Muschelfischerei gebaut, und sie wird dafür eingesetzt – und nichts anderes geschieht in der Flensburger Förde.
Der Kutter fährt im Auftrag von „Royal Frysk“, dem Marktführer für tiefgefrorenes Miesmuschelfleisch, der in Emmelsbüll-Horsbüll eine Verarbeitungsanlage für die weltweit gefragte Delikatesse betreibt.
Im Wattenmeer der Nordsee betreibt das niederländische Familienunternehmen auf 1800 Hektar eine Miesmuschelzucht, die Umweltminister Habeck 2015 mit dem MSC-Zertifikat für nachhaltige Fischerei ausgezeichnet hat. Das war Habecks Belohnung für die Einwilligung in den „Muschelfrieden von Tönning“, der jahrelange Auseinandersetzungen zwischen dem Naturschutz und den Muschelfischern im Nationalpark Wattenmeer beendete.
Die „Irene“ wird zwar von dem Betrieb bereedert, der den Muschelfrieden von Tönning schloss, aber ihre Fischerei in der Flensburger Förde hat mit Nachhaltigkeit absolut nichts gemein. Sie kratzt zwischen Ostseebad und Schausende jährlich 1500 Tonnen Wildmuscheln vom Meeresboden und zerstört dabei alles, was mit ihren zwei Fangkörben in Berührung kommt. Diese hinterlassen keine Muschel, kein Krebs, kein Plattfisch, kein Seestern und nichts mehr – außer Schalen- und Fleischreste sowie einen zerschundenen Meeresboden.
Im Wattenmeer darf Royal Frysk ausschließlich Saatmuscheln aus eigener Zucht ernten. In der Ostsee und in der Förde braucht sich das Unternehmen darum nicht zu scheren und einen großen Aufwand treiben. Die „Irene“ zieht sich alles rein und hat keine Beschränkungen in Bezug auf Natur- und Umweltschutz zu beachten.
Und mit dem Frieden an der Förde ist es auch vorbei. Die Fischer haben die „Irene“ zudem im Verdacht, es mit den behördlichen Auflagen nicht so genau zu nehmen, denn der Abstand von 200 Meter zur Küste und die mindestens sechs Meter Fangtiefe werden keineswegs eingehalten.
Folglich kommt es auf dem Wasser immer wieder zu kleineren Scharmützeln, weil Boote des Fischereivereins die „Irene“ verfolgen und möglichst genau beobachten und Vertöße dokumentieren. „Da kümmert sich doch sonst niemand drum“, schimpft Hansen.

Horst Hansen (links) und Horst Sorge, Vorsitzende im Fischereiverein, sind verärgert und sehen das Treiben des Kutters mit Argwohn.
Der Biologe, der Mitglied im Naturschutzbeirat der Stadt ist, zeigt sich entsetzt über diese Eingriffe in dem sensiblen Ökosystem. „Als wir das Riff anlegten, war unterhalb von vier, fünf Metern alles tot. Und jetzt siedeln in neun Metern Tiefe Miesmuscheln!“ Für Barnekow ist das Beweis der Effektivität, mit der die Schalentiere Meereswasser filtern und mit Sauerstoff anreichern. Beides sei für die Innenförde lebenswichtig, weil deren geologisches Profil durch die Enge des Skagerraks keinen wirksamen Wasseraustausch mit dem freien Meer vom Atlantik und aus der Nordsee zulässt.
Dass die Fischer über sinkende Fänge klagen, wundert Barnekow nicht: „Muschelbänke sind Kinderstuben der Fische. Nimmt man die weg, haben es die Fische schwer.“ Hätte Dennis Barnekow zu entscheiden, würde er eine lange Ruhepause verordnen. Vielleicht kommt die sogar. Die Stadt hat sich wegen der „Irene“ an das Umweltministerium gewandt.
Nach Auffassung der Verwaltung nämlich fischt sie mittlerweile ohne Genehmigung. „Die Lizenz ist 2016 abgelaufen“, sagt Verwaltungssprecher Clemens Teschendorf. Zwar habe Kiel eine Verlängerung bis Ende April bewilligt, aber Royal Frysk hätte zusätzlich eine Ausnahmegenehmigung der Stadt benötigt. „Die liegt aber nicht vor“, sagt Teschendorf. „Wir haben deshalb das Ministerium eingeschaltet.“
Ob und inwieweit Abhilfe vom Umweltministerium zu erwarten ist, muss abgewartet werden, denn bislang hat es sich noch nicht zu dem Fall geäußert. Und das betroffene Unternehmen, die Royal Frysk, hält sich bedeckt und schweigt.
von
Günter Schwarz – 12.03.2017