In Russland sorgt ein bizarres Internet-Phänomen schon seit mehreren Monaten für große Aufregung. Das Online-Spiel „Blue Whale“ dauert 50 Tage. Während dieser Zeit müssen die Spieler Aufgaben erfüllen und diese dokumentieren. Am Ende müssen sie sich töten.

Anmelden kann man sich für das Spiel über die russische Facebook-Konkurrenz VKontakte. Sobald die Anmeldung erfolgt ist, kontaktiert ein Administrator den Neuzugang. Ab diesem Zeitpunkt geht es darum, Aufgaben zu erfüllen, die der selbsternannte Vormund den Spielern stellt. Schummeln ist nicht möglich, denn der Administrator verlangt Beweisfotos.

Bei den gestellten Aufgaben kann es sich durchaus auch schon mal um Selbstverstümmelungen handeln. Rasierklingen und Messer sollten immer parat liegen. Wie russische Medien berichten, untersucht eine Spezialeinheit der russischen Polizei das grausame Internet-Phänomen. Dafür durchleuchten sie auch die Accounts von Teenagern, die sich am Ende des Spiels, so wie es gefordert wird, umgebracht haben.

Ein russischer Journalist, der sich für eine Recherche bei dem Spiel einloggte, machte eine gruselige Erfahrung. Der Journalist meldete sich mit einer falschen Identität bei VKontakte an. Er tat so, als sei er ein 15-jähriges Mädchen. Dann schrieb er seine ersten Zeilen: „Ich möchte bei dem Spiel mitmachen.“

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Bist du sicher? Es gibt kein Zurück“, antwortete der Administrator von Blue Whale. Der Journalist wollt es genau wissen und schrieb: „Was bedeutet das – es gibt kein Zurück?“

Der Administrator: „Du kannst das Spiel nicht mehr verlassen, wenn du einmal angefangen hast.“

Der Journalist erklärte sich zum Schein zum Mitmachen bereit und erhielt daraufhin die Spielregeln. Aber er fragte noch einmal nach: „Und was, wenn ich doch raus will?“

Die unmissverständliche Antwort des Administrators: „Ich habe alle deine Informationen. Sie werden zu dir kommen.“

Dann erhielt der Journalist seine erste Aufgabe. Er sollte sich die Zeichenfolge „F58“ in seinen Arm ritzen. Der Journalist schickte ein in Photoshop bearbeitetes Foto – doch der Administrator meldete sich nicht mehr.

Über die letzten sechs Monate brachten die Sicherheitsbehörden mehr als 100 Selbstmorde in Russland, Kasachstan und Kirgisistan mit dem Spiel in Verbindung, ohne dass die Polizei eine konkrete Spur finden konnte. Im November 2016 konnte sie zwar eine Person unweit von Moskau verhaften, doch die Selbstmorde gehen offenbar weiter.

von

Günter Schwarz – 12.03.2017