(Den Haag) – Die Niederlande haben ihre Warnhinweise für Türkei-Reisen verschärft und mahnen zur erhöhten Vorsicht bei Aufenthalten im Land am Bosporus. Der Grund sind die Spannungen zwischen beiden Ländern, die durch die Ereignisse des vergangenen Wochenendes verursacht wurden.

Derweil bestellte die Türkei bestellte den niederländischen Gesandten in Ankara ein, was innerhalb von drei Tagen zum dritten Mal geschehen ist. Präsident Erdoğan, der die Niederlande vorher als faschistisch beschimpft hat, fordert eine Entschuldigung wegen der Weigerung, den türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu einreisen zu lassen und wegen der Ausweisung der Familienministerin Sayan Kaya.

Die Niederlande haben wegen der aktuellen Spannungen mit der Türkei ihre offizielle Reisewarnung für die Türkei verschärft. Das Außenministerium in Den Haag rät inzwischen den in der Türkei lebenden Niederländern sowie Touristen zur erhöhten Vorsicht. Sie sollten im gesamten Land Menschenansammlungen sowie belebte Plätze meiden.

Nazi-Beleidigung empört Niederländer

Zugleich pochten Regierungsvertreter auf eine Entschuldigung der Türkei. Der sozialdemokratische Vizepremier Lodewijk Asscher forderte im Radio, die Beschuldigungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan müssten vom Tisch. Erdoğan hatte die Niederländer als faschistisch und Nazis beschimpft. Dass ausgerechnet die Niederländer mit ihrer Geschichte als Nazis beschimpft würden, sei „äußerst widerlich“, sagte Asscher.

Türkei fordert Entschuldigung

Das geschah bislang aber nicht. Stattdessen forderte die Türkei eine Entschuldigung und bestellte den niederländischen Gesandten in Ankara zum dritten Mal innerhalb von drei Tagen ein. Nach der türkischen Nachrichtenagentur Anadoulu wurden außerdem zwei Protestnoten in Rotterdam eingereicht. Berichten zufolge wurde darin eine offizielle schriftliche Entschuldigung der niederländischen Behörden gefordert und gegen das Vorgehen der Niederlande gegen Demonstranten vor dem türkischen Konsulat in Rotterdam protestiert.

Türkische Minister trotz Absage angereist

Am Wochenende hatten die Niederlande dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu die Landung verweigert und Familienministerin Sayan Kaya ausgewiesen, die mit dem Auto von Deutschland aus eingereist war. Zuvor hatten sie die Auftritte beider Minister, die für eine geplante Verfassungsänderung werben wollten, für unerwünscht erklärt.

Auch Altmaier schließt Auftrittsverbot nicht mehr aus

Mit ihrer Entscheidung, diese Wahlveranstaltungen für unerwünscht zu erklären, könnten die Niederlande Schule machen. Auch Kanzleramtsminister Peter Altmaier schließt ein solches Verbot für Deutschland nicht mehr aus. Dass die Bundesrepublik in den vergangenen 60 Jahren darauf verzichtet habe, sei kein Freibrief, sagte er im ZDF.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach in Berlin von einer „dramatischen“ Krise in den Beziehungen einzelner EU-Staaten und der Türkei. Die Türkei mache internationale Beziehungen zum Gegenstand von Wahlkampagnen. Das sei vom Grundsatz her gefährlich.

Opposition fordert klare Haltung gegenüber der Türkei

Linke und Grüne haben eine klare Haltung der Bundesregierung gegenüber der Türkei gefordert. Sevim Dagdelen, Außenpolitikerin der Linken, hält Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland generell für unzulässig. Der Vizepräsident des Europaparlaments, Alexander Lambsdorff, fordere ein EU-weites Verbot solcher Auftritte.

von

Günter Schwarz – 13.03.2017