Der gefährliche Kuchen der Integrationsministerin
Die dänische Integrationsministerin Inger Støjberg feiert strengere Regeln und Gesetze gegen Ausländer und postet aus Anlass der 50. Verschärfung der Aufenthaltsbestimmungen in Dänemark ein Kuchen-Bild auf Facebook. Aus der „rechten Ecke“ wie von der Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) erhält sie dafür selbstverständlich und wie nicht anders zu erwarten Applaus. Doch die Sache könnte für sie auch nach hinten losgehen.
Es reichte Kåre Traberg Smidt. Seit Teenagerjahren war er Mitglied in der Partei Venstre gewesen. Er hatte es sogar zum Folketingskandidaten für die Kommune København gebracht. Doch jetzt stand für Smidt fest. Er wird aus der Partei austreten.
Immer wieder hatte Smidt intern die regide Ausländerpolitik seiner Partei kritisiert, insbesondere die von Integrationsministerin Inger Støjberg. Das jüngste Gesetzespaket mit noch schärferen Regeln für Ausländer und Einwanderer hatte das Fass dann zum Überlaufen gebracht.
„Juristisch und moralisch schreien die Pläne zum Himmel“, zitierte ihn die Zeitung „Politiken“. „Es ist ein Konventionsbruch und gegen die dänische Verfassung. Wir driften ab von ganz grundlegenden Werten.“
Die Geschichte stammt aus dem Dezember 2015, als die Flüchtlingskrise in Dänemark und anderen europäischen Ländern einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte.
Flüchtlinge erreichten Dänemark
Wenige Monate zuvor, im September, waren plötzlich Hunderte Flüchtlinge auf der Autobahn E45 in Südjütland in Richtung Schweden marschiert. Das hatte etwas verändert, denn plötzlich war die Krise vor der eigenen Haustür angekommen.
Im November legte die Regierung dann 34 Vorschläge vor, wie sie die Ausländerpolitik verschärfen wolle. Eben jene, die Smidt zum Parteiaustritt bewogen. Die Entscheider der Partei Venstre hielt das nicht davon ab, die Pläne weiterzuverfolgen.
Heute, rund eineinhalb Jahre später, ist nicht mehr von 34 strengeren Regeln für Ausländer die Rede, sondern von 50. Die Zahl ist derzeit aller Munde, weil Inger Støjberg am Dienstagnachmittag auf Facebook ein Foto veröffentlichte, auf dem sie mit einem Kuchen posierte. Darauf: die Zahl 50.
Auf Facebook überschlugen sich die Reaktionen, Zehntausende regierten auf den Beitrag, mal entsetzt, mal zustimmend. „Es ist ganz natürlich, politische Siege zu feiern“, sagte Støjberg am Tag darauf in einem Interview mit der Zeitung „Jyllands-Posten“. Kritik daran könne sie nicht verstehen.
Kritik auch von Parteikollegen
Davon gab es allerdings reichlich. Der Venstre-Politiker Philip Tietje, der bei der nächsten Folketingswahl für den Wahlkreis Tønder kandidiert, schrieb auf Facebook, er halte es nicht für wünschenswert, die schärferen Regeln zu feiern. Viele seiner Parteikollegen sähen das ähnlich. „Sie mögen notwendig sein, aber sind kein Selbstzweck.“

Schließlich sah sich auch Staatsminister Lars Løkke Rasmussen genötigt, den Fall zu kommentieren. Løkke stärkte seiner Ministerin und Parteikollegin den Rücken und sagte: „Er bedaure, falls Støjbergs Kuchen verkehrt aufgefasst worden sei.“
Gut möglich, dass Løkke hinter verschlossenen Türen weniger diplomatisch gewesen ist. Denn er weiß aus eigener Erfahrung, wie heikel dieses Thema ist.
Washington Post verglich Løkke mit Hitler
Nachdem seine Regierung Ende 2015 die schärferen Einwanderungsregeln vorgestellt hatte, waren sie in einem Artikel in der Washington Post mit den Praktiken von Adolf Hitler verglichen worden – insbesondere der Vorschlag, Flüchtlingen größere Summen Bargeld abzunehmen.
Da half auch nicht, dass der damalige Venstre-Justizminister Søren Pind in einer Talkshow erklärte, es ginge um eine Situation, in der ein Mann die Grenze mit einem Koffer voller Diamanten passiere.
Eilig hatte Løkke in einem Interview erklärt, die ausländischen Medien gäben seinen Vorschlag völlig falsch wieder.
Mit Støjbergs Kuchen sind die strengeren Gesetze für Ausländer nun wieder auf der Tagesordnung. Es wäre verwunderlich, wenn Støjberg nicht damit gerechnet hätte. Bei den Wählern von der Dansk Folkeparti und dem rechten Venstre-Flügel erntet sie, wie zu erwarten, Lob.
Ob die Veröffentlichung des Bildes aber wirklich ein kluger Schachzug war, wird sich noch zeigen. Schließlich gibt es ja auch Leute wie Kåre Traberg Smidt.
von
Günter Schwarz – 16.03.2017