Bei der zur europäischen „Schicksalswahl“ erklärten Parlamentswahl in den Niederlanden haben die Rechtspopulisten einen Dämpfer erlitten: Die rechtsliberale Partei VVD von Ministerpräsident Mark Rutte setzte sich am Mittwoch trotz Verlusten klar gegen die rechtspopulistische Freiheitspartei (PVV) von Geert Wilders durch.

Ministerpräsident Mark Rutte hat die Parlamentswahl in den Niederlanden überraschend klar für sich entschieden. Nach der Auszählung fast aller Stimmen lag er deutlich vor seinem Hauptkontrahenten Geert Wilders von der rechtspopulistischen PVV. Im Vergleich zu früheren Wahlen fuhr Ruttes VVD dennoch einen Verlust ein. Somit steht Mark Rutte vor der kniffligen Aufgabe, eine Koalitionsregierung zu bilden, wozu er mindestens zwei oder gar drei Partner braucht. Und Anders Wilders, der zwar mehr Mandate als zuvor haben wird, nützt dieser Zuwachs im Grunde nicht.

Ministerpräsident Mark Rutte hat die Parlamentswahl in den Niederlanden für sich entschieden. Nach Auszählung fast aller Stimmen liegt seine rechtsliberale Partei VVD mit 21,2 Prozent der Stimmen klar vorn. In Mandaten bedeutet das 33 Sitze für die VVD.

Wilders an zweiter Stelle

Die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders PVV fuhr ein schlechteres Ergebnis als erwartet ein: Sie kommt auf 13,1 Prozent, was 20 Sitzen im Parlament entspricht. Das sind mehr als in der aktuellen Legislaturperiode, aber weniger als bei den Neuwahlen im Jahr 2012. Knapp danach folgen die Christdemokraten mit 12,6 Prozent (19 Sitze) und die linksliberalen Democraten 66 mit 12,1 Prozent (19 Sitze). Die Grünen von GroenLinks kommen auf 14 der insgesamt 150 Mandate und damit auf deutlich mehr als bisher. Die Partei für die Freiheit ist eine rechtspopulistische Partei in den Niederlanden. Sie erhielt bei der Parlamentswahl 2006 aus dem Stand heraus 5,9 Prozent, 2010 steigerte sie sich auf 15,5 Prozent, 2012 fiel sie auf 10,1 Prozent zurück. Damit ist die PVV die drittstärkste politische Kraft in den Niederlanden.

Für Rutte Sieg mit Verlusten

Ministerpräsident Mark Rutte kann nun aller Voraussicht nach seine dritte Amtszeit antreten. Seine VVD kommt zwar auf mehr Sitze als in Umfragen erwartet, dennoch sind es acht weniger als derzeit im Parlament.

Dennoch feierte er den Sieg der VDD am Abend: Nach der Brexit-Entscheidung der Briten und den US-Wahlen hätten die Niederlande „Nein gesagt zu einem Populismus der falschen Sorte“, sagte er in Den Haag. In Anspielung auf das Abschneiden des Rechtspopulisten Geert Wilders sprach Rutte von einem „Fest für die Demokratie“.

Wilders gibt nicht auf

Dabei hat Wilders Partei zwar ihr Ziel verfehlt, dennoch legte sie fünf Sitze auf 20 zu. „Wir gehören zu den Gewinnern der Wahl“, sagte Wilders und räumte ein, dass er gern die größte Partei geworden wäre. „Das sind nicht die 30 Sitze, auf die ich gehofft hatte.“

Zugleich bot er sich als Koalitionspartner an. Wenn dies nicht möglich sei, würde seine Partei aber das Kabinett „bei den Fragen, die für uns wichtig sind“ unterstützen. Eine Koalition mit der PVV hatten jedoch Rutte ebenso wie andere Parteien bereits im Vorfeld kategorisch ausgeschlossen.

Wir waren die drittgrößte Partei der Niederlande. Jetzt sind wir die zweitgrößte. Nächstes Mal werden wir die Nummer 1!

Schwierige Koalitionsverhandlungen

Eben die von Wilders angesprochene Koalitionsbildung dürfte für Rutte schwierig werden. Erstmals sind dafür mindestens vier Partei nötig. Seine VVD kann die Große Koalition mit den Sozialdemokraten nicht fortsetzen, denn die Wähler haben den bisherigen Bündnispartner PvdA abgestraft: Von 38 Sitzen sind laut Prognosen gerade mal neun übrig geblieben. VVD und PvdA kämen demnach nur noch auf gemeinsame 40 Sitze – notwendig wären 76. Bisher setzte sich das Parlament aus 17 verschiedenen Fraktionen zusammen – ein historischer Rekord. Noch am Wahlabend erklärten sich mehrere kleinere Parteien bereit, mit Rutte zu sprechen.

Mehr als 1.100 Bewerber für 150 Sitze

Insgesamt hatten sich bei der Wahl mehr als 1.100 Kandidaten um die 150 Parlamentssitze beworben. Knapp 13 Millionen Bürger konnten ihre Stimmen abgeben. Die Wahlbeteiligung lag mit 81 Prozent deutlich höher als bei der vorigen Wahl 2012 – damals hatten 75 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt. Aus Angst vor Cyberangriffen werden die Stimmen nicht per Computer ausgezählt, sondern per Hand. Das amtliche Endergebnis wird erst für kommende Woche erwartet.

Migrationspolitik bestimmt Wahlkampf

Wilders wollte im Falle eines Wahlsieges den Koran und Moscheen verbieten und die in den Niederlanden lebenden Muslime ausweisen. Er plädierte zudem für einen Austritt aus der EU. Der rechtsliberale Rutte hatte dazu aufgerufen, dem „falschen Populismus“ eine Absage zu erteilen und ein hartes Vorgehen gegen Einwanderer versprochen, die sich nicht an niederländische Werte und Normen hielten. In seitengroßen Zeitungsanzeigen warnte er Migranten: „Verhalte dich normal oder geh weg!“ Auch seine Absage an türkische Minister für Wahlkampfauftritte kam bei den potenziellen Wählern gut an.

von

Günter Schwarz – 16.03.2017