(Istanbul) – Schon bisher hat die Türkei verbal mächtig auf den Putz gehauen. Ankara sprach von Nazi-Methoden. Nun zielt Erdoğan direkt auf Merkel. Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber, hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan vor einer weiteren Eskalation des Konflikts mit Deutschland und anderen EU-Staaten gewarnt.

„Der Stolz einer Nation kann nicht durch das Beleidigen anderer verteidigt werden“, sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Mit dieser aggressiven Politik schadet er seinem eigenen Land am meisten.“ Erdoğans Attacken würden mit jedem Tag bizarrer. Europa werde sich allerdings nicht provozieren lassen.

Erdoğan hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag im Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland erstmals persönlich „Nazi-Methoden“ vorgeworfen. „Du wendest auch gerade Nazi-Methoden an“, sagte er an Merkel gerichtet in Istanbul. „Bei wem? Bei meinen türkischen Geschwistern in Deutschland, bei meinen Minister- Geschwistern, bei meinen Abgeordneten-Geschwistern, die dorthin reisen.“ Mit Blick auf Europa sagte Erdoğan, dort könnten „Gaskammern und Sammellager“ wieder zum Thema gemacht werden, aber „das trauen sie sich nur nicht“. Offen ließ Erdoğan, wen er mit „sie“ genau meinte.

Vor den neuen Ausfällen Erdoğans hatte auch der neue SPD-Chef und -Kanzlerkandidat Martin Schulz den türkischen Präsidenten davor gewarnt, Menschen in Deutschland durch Nazi-Vergleiche gegeneinander aufzuhetzen. Trotz aller persönlichen Differenzen mit der Bundeskanzlerin aufgrund des derzeitigen Wahlkampfs sagte er in seiner Parteitagsrede in Berlin an die Adresse Erdoğan: „Deshalb muss man auch Herrn Erdoğan mit klaren Worten sagen, dass das so nicht geht.“ Und auch bei einem Interview in der ARD wählte Schulz deutliche Worte: „Dass das Staatsoberhaupt eines befreundeten Landes die Regierungschefin dieses Landes in dieser Form beleidigt, ist eine Frechheit!“

von

Günter Schwarz – 20.03.2017