Berlin blockiert Waffenlieferungen in Türkei
(Berlin) – Schon seit Monaten reagiert die Bundesregierung im Stillen auf die angespannte Situation in der Türkei. In mehreren Fällen hat die Bundesregierung die Genehmigung für Rüstungsexporte ins NATO-Partnerland Türkei verweigert. Grund der Maßnahme ist die Sorge, die Waffen könnten zur Unterdrückung der dortigen Bevölkerung eingesetzt werden.
Die Bundesregierung hat seit Anfang 2016 insgesamt elf Rüstungsexporte ins Nato-Partnerland Türkei abgelehnt. Dabei ging es um Anträge der Rüstungsindustrie zur Lieferung von Handfeuerwaffen, Munition sowie Komponenten für andere Rüstungsgüter. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Frage des Linken-Abgeordneten Jan van Aken hervor. Die Türkei unterliegt als NATO-Partner gewöhnlich kaum Beschränkungen bei Rüstungsexporten. Seit dem Putschversuch geht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan allerdings mit harter Hand gegen politische Gegner vor und hält sich auch mit Äußerungen gegen Deutschland und deutsche Politiker zurück.
„Der Beachtung der Menschenrechte wird bei Rüstungsexportentscheidungen ein besonderes Gewicht beigemessen“, schrieb Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig laut „SZ“ in seiner Antwort an van Aken. Genehmigungen seit dem Putschversuch im vergangenen Sommer erfolgten „nach außen- und sicherheitspolitischer Prüfung durch die Bundesregierung“ unter besonderer Berücksichtigung „des Risikos eines Einsatzes im Kontext interner Repression oder des Kurdenkonflikts“.
Den Angaben zufolge hatte die Bundesregierung zwischen 2010 und 2015 nur insgesamt acht Anfragen für Rüstungsexporte in die Türkei abgelehnt. Seit November 2016 habe es bereits in elf Einzelfällen eine Ablehnung gegeben. Dabei sei es um Handfeuerwaffen, Munition sowie um Teile zur Herstellung bestimmter Rüstungsgüter gegangen. Normalerweise genehmigt die Bundesregierung Lieferungen in befreundete EU- und Nato-Länder. Der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern dorthin kann aber „aus besonderen politischen Gründen in Einzelfällen“ beschränkt werden.
„Das ist ein erster, richtiger Schritt“, sagte van Aken der „SZ“. „Und der nächste muss sein, dass die Türkei keinerlei Waffen aus Deutschland bekommt.“ Die türkische Regierung führe Krieg, „im eigenen Land und in Syrien“ und trete „immer diktatorischer“ auf. Darüber hinaus zeige der Vorgang, dass auch NATO-Staaten Waffenlieferungen versagt werden könnten.
Die deutsch-türkischen Beziehungen sind wegen des Untersagens von Wahlkampfauftritten türkischer Minister extrem angespannt. Präsident Recep Tayyip Erdoğan erneuerte trotz einer Drohung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seine Faschismus-Vorwürfe.
Am 16. April entscheiden die Türken in einem Referendum über eine Verfassungsreform, die Erdoğan deutlich mehr Macht verleihen würde. Bei einer Zustimmung des türkischen Volkes liegt die Befürchtung nahe, dass der Präsident die Türkei in eine autokratische Diktatur verwandeln wird, in der er praktisch als Alleinherrscher oder „Reis“ (Führer) über das Land entscheidet.
von
Günter Schwarz – 22.03.2017