Sie war die wohl angesagteste Musikkneipe Hamburgs und ist noch heute legendär. Onkel Pös Carnegie Hall – so der etwas hochtrabende vollständige Name – war in den 70er- und 80er-Jahren auch über die Grenzen der Hansestadt hinaus bekannt.

Gründer Bernd Cordua wollte der weltberühmten New Yorker Konzerthalle, zumindest was das internationale musikalische Programm betrifft, wohl in nichts nachstehen. Ein ehrgeiziges Projekt, das aber 15 Jahre erfolgreich war. Im Onkel Pö legten viele zunächst unbekannte Musiker und Bands den Grundstein für ihre Karrieren. Am Silvestertag 1985 musste es behördlicherseits seine Pforten schließen, da das alte Gebäude, in dem der Club seine Heimstatt hatte, laut Hamburger Baubehörde baulich nicht länger den durch die Musik verursachten Schwingungen standhielt.

Stammkneipe mit hochkarätigen Musikern

Ende der 60er hatte das Onkel Pö seinen Sitz noch im Mittelweg im Hamburger Stadtteil Pöseldorf und war eine einfache Kneipe, in der sich nach der Schließung des Star Clubs auch Musiker trafen. Mit einem riesigen Flügel mitten im Club begannen allmählich die ersten Sessions mit wechselnden Musikern und diversen Stilrichtungen wie Jazz, Dixie, Rock und Pop.

Als einer der ersten Gäste spielte der Jazz-Pianist Gottfried Böttger, der später die Rentnerband gründete, ab und an im Onkel Pö. Anfang Oktober 1970 zog das Onkel Pö nach Eppendorf in den Lehmweg um – als offizielles Gründungsdatum gilt der 1. Oktober. Cordua holte sich Walter Dehnbostel als Partner mit ins Boot, der Kneipencharakter und das musikalische Programm blieben, die Zahl der Gäste aber stieg stetig.

Das Onkel Pö wurde zum Szenetreff. Hier trafen sich nicht nur die Stammgäste auf das eine oder andere Bier, sondern auch Leute von Plattenfirmen, Musikmanager und Rundfunkredakteure, die schon „the next big thing“ witterten. Nach und nach entstand die sogenannte Hamburger Szene, gleichzeitig erlebte die Musikwelt ein Revival von New-Orleans- und Dixiesound. 1972 stieg Bernd Cordua aus, und Peter Marxen, der bis dahin als Kellner im Pö gearbeitet hatte, übernahm die Regie.

Geheimtipp mit Hitpotenzial

Marxen kannte Udo Lindenberg, der schon Ende der 60er im Jazzhouse mit der Band Free Orbit aufgetreten war. Lindenberg wurde Stammgast im Onkel Pö und gründete 1973 mit Gottfried Böttger das Panikorchester. Udo hatte seinen Stil gefunden und sang nun auf Deutsch.

Im Juli erschien das Album „Alles klar auf der Andrea Doria“, das über 100.000 Mal verkauft wurde, die gleichnamige Single war ein Charthit. Die Liedzeile „Bei Onkel Pö spielt ’ne Rentnerband seit 20 Jahren Dixieland“ machte die Kneipe dann in ganz Deutschland berühmt. Von überall kamen die Fans und belagerten den Club, um Udo zu sehen. Marxen, der gute Kontakte zur Jazz-Szene hatte, nutzte nun die Popularität seines Clubs und holte Jazzgrößen wie Dizzy Gillespie, John Abercrombie, Chet Baker, Art Blakey, Don Cherry, Chick Corea, Steve Goodman, Pat Metheny oder Steve Lacy ins Onkel Pö.

von

ndr / Günter Schwarz – 22.03.2017