(Berlin) – Türkische Staatsbürger strömen seit Montag zum türkischen Generalkonsulat in Berlin, um ihre Stimmen für das Verfassungsreferendum in der Türkei abzugeben. Eine kleine Gruppe von Deutschtürken beweist Mut und hat sich vor dem Konsulat zum Protest zusammengefunden. Sie halten das Referendum für undemokratisch, da von der drittgrößten Partei im türkischen Parlament, die HDP, niemand in der Wahlkommission sei. „Sechs Millionen Wählerinnen der HDP an der Wahlurne nicht vertreten“, steht auf ihren Plakaten.

Die türkische Regierung sagt der HDP immer wieder Verbindungen zur Terror-Organisation PKK nach. Dutzende HDP-Politiker und -Anhänger wurden in der Türkei festgenommen und sitzen in Haft. Die Immunität von 55 HDP-Mitgliedern, die als Abgeordnete im türkischen Parlament saßen, wurde aufgehoben.

„Die Festnahme von Parteispitzen und Parlamentsmitgliedern bedeutet eine alarmierende Beeinträchtigung der parlamentarischen Arbeit der Partei und ihres Rechts darauf, ihre Kampagne vor dem Referendum zu organisieren“, so Human Rights Watch in einem Bericht dazu. Die HDP erklärte Human Rights Watch außerdem, „dass seit dem Putschversuch im Juli 2016 insgesamt 5471 ihrer Parteifunktionäre, darunter die Spitzen auf Provinz- und Distriktebene, verhaftet wurden. 1482 von ihnen kamen in Untersuchungshaft.“

Die meisten der aus dem Parlament verhafteten HDP-Abgeordneten befinden sich im Edirne-Gefängnis, das eine Hochsicherheitsstrafvollzugsanstalt ist, in der normalerweise und gemäß der (noch gültigen) türkischen Gesetzgebung Personen einsitzen, denen Drogendelikte, organisierte Kriminalität und Straftaten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe vorgeworfen werden. Am heutigen Freitag haben die Häftlinge der Ex-Parlamentsabgeordneten, unter ihnen der stellvertretende HDP Vorsitznde Selahattin Demirtaş, zu einem unbefristeten Hungerstreik aufgerufen, um gegen die Haftbedingungen der gesetzeswidrigen Maßnahmen und den inhumanen Maßnahmen der Gefängnisleitung zu protestieren.

 von

Günter Schwarz – 30.03.2017