Die 8-jährige Holsteiner Besetzung Jyllands (Jütlands) und Fyns (Fünens) durch Graf Gerhard III., der in Dänemark als der „Den kullede greve“ (der kahlköpfige Graf) und in Schleswig-Holstein als „der Große“ bekannt ist, wird am 1. April 1340 von dem aus niederen jysk (jütischen) Adel stammenden Niels Ebbesen besiegt und in einer Schlacht bei Randers Im Norden Jyllands getötet.

Graf Gerhard III. wurde 1293 geboren, wobei sein genauer Geburtsort nicht bekannt ist. Er stammt aus der Rendsburger Linie des Hauses Schauenburg und war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten dieses Geschlechtes. Daraus resultierte auch sein Beiname „de groote Gert“ (Gerhard der Große). In der dänischen Geschichtsschreibung ist er hingegen als „Den kullede greve“ (der kahlköpfige Graf) bekannt.

Gerhard III. war ein Sohn von Heinrich I. und Heilwig von Bronckhorst. Nach dem Tod seines Vaters 1304 war er Graf von Holstein-Rendsburg, während sein Vetter Johann III. Holstein-Kiel regierte.

Gerhard besaß damit den größten Teil an Holstein, während die anderen Gebiete, die verschiedenen Cousins gehörten, nach mehreren Erbteilungen stark zersplittert waren. Johann und Gerhard versuchten auch diese an sich zu bringen. Als Adolf VI. von Holstein-Pinneberg 1315 starb, versuchten sie dessen minderjährigen Sohn Adolf VII. zu verdrängen, um ihre Anteile zu vergrößern. Der Herzog Rudolf von Sachsen als Lehnsherr von Holstein erkannte ihre Eroberung jedoch nicht an. Adolf behielt zusätzlich zu der Grafschaft Schaumburg Holstein-Pinneberg. Zwei weitere Cousins, Christoph und Adolf, die Söhne von Johann II. von Holstein-Segeberg kamen 1313/15 durch einen Fenstersturz bzw. durch die Hand eines Adligen, der die Ehre seiner Tochter rächen wollten, ums Leben. Als ihr Vater 1321 starb, teilten Gerhard und Johann sich sein Herrschaftsgebiet.


Siegel von Graf Gerhard
In der Folgezeit spielte Gerhard eine wichtige Rolle in der Innenpolitik Dänemarks, das sich seinerzeit in einer innenpolitisch schwierigen Lage befand. Er hatte einen Großteil des Landes unter seinen Einfluss bringen können, als Erik VI. Menved seinen Besitz verpfändete, um seine Kriege bezahlen zu können. 1326 gelang es Gerhard, seinen jungen Neffen Valdemar III. von Dänemark, den Sohn des Herzogs Erik II. von Schleswig, anstelle von Christoph II. auf dem Königsthron zu installieren. Von ihm ließ er sich am 15. August 1326 als erster Schauenburger mit dem Herzogtum Schleswig belehnen. Damit befanden sich Schleswig und Holstein erstmals in einer Hand. Valdemar musste zusichern, dass das seit 1241 weitgehend eigenständige Herzogtum nicht mehr den gleichen Herrscher wie Dänemark haben sollte (constitutio valdemariana). Da Graf Gerhard Valdemars Vormund war, konnte er dies leicht durchsetzen. Als Valdemar 1330 den Königsthron wieder an Christoph verlor, übernahm er jedoch selbst die schleswigsche Herzogswürde.

Gerhard blieb eine der mächtigsten Persönlichkeiten in Dänemark und Schleswig. Nach dem Tod König Christophs 1332 übernahm er selbst die Regierung über Jütland und Fünen, während Johann den Rest behielt. Wachsende Opposition und Bauernaufstände führten zu anarchischen Zuständen. Der Adel, der ihn früher gegen Christoph II. unterstützt hatte, forderte nun den Thron für Christophs Sohn Valdemar. 1340 wurde Gerhard von dem dänischen Ritter Niels Ebbesen erschlagen. Seine Söhne verzichteten auf Ansprüche in Dänemark und folgten ihm als Grafen von Holstein-Rendsburg.


Niels Ebbesens Statue in Randers (1882)
In der Zeit des nationalen Konflikts zwischen Deutschen und Dänen ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Niels Ebbesen zu einem Nationalhelden hochstilisiert. Dabei hatten die Machtränke zwischen den Holsteiner Grafen, den dänischen Königen und verschiedenen Adelsmännern im 14. Jahrhundert noch überhaupt keinen nationalen Charakter. Während der deutschen Besetzung Dänemarks im Zweiten Weltkrieg wurde der 600 Jahre zuvor verstorbene Niels Ebbesen zu einer Symbolfigur dänischen Widerstands gegen die Deutschen erhoben. Der national-konservative und später von der Besatzungsmacht ermordete Dichter-Pastor Kaj Munk widmete ihm das Schauspiel „Niels Ebbesen“, das während der Besatzungszeit jedoch nicht aufgeführt werden durfte.

Die Bezeichnungen „der kahlköpfige Graf“ und „der Große“ für Graf Gerhard III. zeigen, wie unterschiedlich Gerhards geschichtliche Leistung in der dänischen und deutschen Geschichtsschreibung bewertet wurde. Im Zuge der nationalen Konflikte des 19. Jahrhunderts wurde Graf Gerhard auf schleswig-holsteinischer Seite als derjenige hervorgehoben, der Schleswig mit Holstein verband, was man als geradezu natürlichen Vorgang betrachtete. Für die nationale dänische Seite war er jedoch ein Okkupant, der das Königreich in einer Krisenzeit weiter destabilisierte und sich eines großen Teils des Reiches bemächtigte.

von

Günter Schwarz – 01.04.2017