(Stockholm) – Die schwedische Polizei ist sich ziemlich sicher. Dass sie den Mann gefasst hat, der für die Attacke mit einem Lastwagen in Stockholm verantwortlich sein soll. „Unsere Ermittlungen erhärten den Verdacht. Es spricht nichts dafür, dass wir den Falschen gefasst haben“, teilte ein Polizeisprecher auf einer Pressekonferenz mit.

Der Mann sei 39 Jahre alt, er stamme aus Usbekistan.Noch ist unklar, ob er allein handelte und ob die Terrormiliz IS hinter der Bluttat mit vier Toten steht. Der  Terroranschlag mit dem gestohlenen Lastwagen in der Stockholmer Innenstadt geht nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden jedoch auf das Konto eines 39-jährigen Usbeken. Schwedischen Medien zufolge wurde der Mann in einem Geschäft in Märsta nördlich von Stockholm festgenommen.

Ob der am Freitagabend festgenommene Mann aus Sympathie für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehandelt habe, werde noch untersucht. „Nichts besagt, dass wir die falsche Person festgenommen haben“, betonte Reichspolizeichef Jan Evensson am Samstag auf einer Pressekonferenz in Stockholm. Man könne aber noch nicht ausschließen, dass mehrere Menschen an der Tat beteiligt gewesen seien. Staatsanwalt Hans Ihrman sagte auf die Frage nach einem terroristischen Motiv: „Viel spricht zum jetzigen Zeitpunkt dafür, dass das der Fall ist.“ Das Telefon des Verdächtigen und seine Aktivitäten in sozialen Netzwerken würden untersucht, teilten die Ermittler weiter mit.

Der Verdächtige war der Polizei seit dem Vorjahr namentlich bekannt. „Wir konnten keine Verbindungen zu extremistischen Milieus bestätigen“, sagte Anders Thornberg von der schwedischen Sicherheitspolizei mit Blick auf die damaligen Untersuchungen.

Nach dem Anschlag in Stockholm gebe es genügend Verdachtsmomente, um den Mann festzuhalten. Das Tatmotiv sei derzeit aber noch unklar. „Wir kennen seine Absichten nicht“, sagte Evensson über den 39-Jährigen.

Der Täter war am Freitagnachmittag mit einem gekaperten Lastwagen zuerst in eine Menschenmenge in einer großen Stockholmer Einkaufstraße gefahren, dann in die Front eines Kaufhauses. Dort fing der Lkw Feuer, der Täter floh.

Nach Angaben des Polizeisprechers fanden die Ermittler im Lkw einen verdächtigen Apparat, der „in dem Lkw eigentlich nichts zu suchen“ habe. Worum es sich genau handele, „eine herkömmliche Bombe oder ein Brandsatz“, werde aktuell noch geprüft. Zuvor war in Medienberichten von einer brennbaren Substanz die Rede gewesen, die man in dem Laster gefunden habe. Um was es sich genau handelte, solle nun eine Untersuchung klären, so Evensson.

Der Anschlag hat die Hauptstadt und das nordeuropäische Land tief erschüttert, das öffentliche Leben kam weitgehend zum Erliegen. Augenzeugen berichteten von „Unmengen an Blut“ und Leichen auf dem Asphalt.

Der Lastwagen wurde in der Nacht zum Samstag abgeschleppt und soll nun kriminaltechnisch untersucht werden. Der Tatort und die Umgebung blieben zunächst abgesperrt. Nachdem der U-Bahn- und Zugverkehr in Stockholm stundenlang stillgestanden hatte, rollten am frühen Morgen wieder Züge aus den Bahnhöfen. Die schwedischen Behörden bleiben in Alarmbereitschaft. Zehn Tage lang sollen alle Ausreisenden an den Grenzen kontrolliert werden, sagte Ministerpräsident Stefan Löfven.

Für die Opfer des Lkw-Anschlags soll es am Montagmittag eine Gedenkfeier und eine landesweite Schweigeminute geben, kündigte Löfven an, nachdem er einen Strauß roter Rosen in der Nähe des Tatorts niedergelegt hatte. Nun müssten er und seine Landsleute versuchen, ihre Wut in etwas Konstruktives zu verwandeln. „Wir sind eine offene, demokratische Gesellschaft, und das werden wir auch bleiben.“

Schwedens Kronprinzessin Victoria (39) und ihr Mann Prinz Daniel (43) legten am Tag nach dem Lkw-Anschlag in der Nähe des Tatorts rote Rosen nieder. „Ich fühle große Trauer und Leere“, sagte die Thronfolgerin laut Boulevardzeitung „Aftonbladet“. „Aber ich fühle trotzdem eine Stärke, denn die Gesellschaft hat mit enormer Kraft gezeigt, dass wir uns dem hier entgegensetzen.“

In der Einkaufsstraße Drottninggatan hatte es bereits im Dezember 2010 einen Anschlag gegeben. Damals explodierte dort ein Auto, während sich fast zur gleichen Zeit an einer anderen Straße im Zentrum Stockholms ein 28-jähriger Schwede irakischer Abstammung in die Luft sprengte. Zwei Passanten wurden leicht verletzt. Auch der Mord an dem damaligen schwedischen Regierungschef Olof Palme 1986 hatte sich ganz in der Nähe abgespielt.

von

Günter Schwarz – 09.04.2017