(Berlin) – Der dänische Botschafter in Berlin, Friis Arne Petersen, zeigt sich gespannt und zugleich auch entspannt vor der Wahl des neuen deutschen Bundestages am 24. September dieses Jahres – ganz anders als die wahlberechtigte deutsche Bevölkerung.

Die Wahl zwischen Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) ist nicht nur aus deutscher Sicht sehr spannend, zumal beide Kandidaten nach derzeitigen Umfrage nahe beieinander liegen. Aber aus dänischer Sicht kann man die Frage nach dem künftigen deutschen Europa-Kurs völlig entspannt betrachten, meint der dänische Botschafter in Berlin, Friis Arne Petersen. Merkel und Schulz seien beide glaubwürdig in ihrem Bekenntnis zu einem europäischen Deutschland. Das sagt der dänische Botschafter in Deutschland in einem Interview mit dem Fernsehsender DK4.

Er sprach sich dafür aus, dass Dänemark in der EU-Zusammenarbeit künftig noch mehr auf Deutschland setzt, ohne jedoch die Zusammenarbeit mit anderen EU-Mitgliedern zu vernachlässigen.

Wenn die Briten, mit denen Dänemark damals gleichzeitig Mitglied geworden ist, die EU jetzt verlassen wollen und die Franzosen große Reformprobleme haben, „dann wählen sie ja in gewisser Weise, was für uns pragmatisch und realistisch ist“, meinte Friis, der vor seiner Ernennung 2015 in Berlin auch dänischer  Botschafter in Peking und Washington gewesen ist.

In allen Gesprächen mit deutschen Ministern, Politikern, Journalisten usw. sei zu spüren, wie Deutschland vom Wunsch durchdrungen ist, in der EU eingebettet zu bleiben. Die Deutschen haben nach seiner Ansicht in diesen Fragen auch ein größeres Geschichtsbewusstsein, sie wissen zu schätzen, welche Entwicklung Europa zu verdanken ist. Er hoffe, dass Deutschland und Frankreich weiterhin gemeinsame Verantwortung in Europa übernehmen werden, so der Botschafter angesichts der europäischen Unsicherheit vor der französischen Präsidentschaftswahl, die in Kürze am 23. April mit dem 1. Wahlgang stattfinden wird.

Sicherlich wird alles auf einen 2. Wahlgang am 7. Mai hinauslaufen, bei dem es sich dann entscheiden wird, wohin Frankreichs zukünftiger Weg führen wird. So wie es bislang aussieht werden sich dabei dann die rechtsnationale und populistische Marine Le Pen und der parteilose Emmanuel Macron hinauslaufen. Le Pen ist eine entschiedene Europa-Gegenerin und hat bereits angekündigt, dass auch Frankreich die EU verlassen soll, während der Kandidat ein vehement für den Verbleib Frankreichs in der EU eintritt.

Bevölkerung muss den Wert der EU erkennen

Neue Gefahren sieht der dänische Diplomat durch Protektionismus und Populismus. Nicht alle haben die Vorteile der Globalisierung so genutzt wie Länder wie Dänemark, Schweden und Deutschland, in denen auch die soziale Sicherheit erhalten geblieben ist.

Die EU sei zwar von innen her eine fantastische Maschine, aber es müsse sichergestellt werden, dass auch die Bevölkerungen diesen Wert erkennen. Er begrüße deshalb die Entscheidung der dänischen Regierung, eine schlankere und  auch effektivere EU anzustreben. Zugleich zeigte er Verständnis für die Merkel-Position einer EU mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Dänemark sei bereits seit 1992, seit dem berühmten Edinburgh-Abkommen, ein Teil dieser unterschiedlichen Geschwindigkeit.

Angesichts der großen politischen kulturellen Vielfalt unter 400 bis 500 Millionen Europäern sei es richtig, auch jenen Raum zu schaffen, „die zwar das meiste mitmachen wollen, aber eben nicht alles, denn die EU ist kein einheitlicher Block, sondern Ausdruck von Diversität“.

Die Deutschland-Strategie der dänischen Regierung bezeichnete Friis als „mutig, richtig, visionär und einmalig“. Sie sei „ein Kompliment an Deutschland angesichts einer wachsenden Rolle Deutschlands in Europas wachsende Rolle. „Sie bringt neue Herausforderung, aber in beiden Richtungen“, betonte der Botschafter, der darauf hinwies, dass beide Länder heute überraschend die gemeinsame Aufgabe haben für Demokratie, Freihandel und Zusammenhalt in Europa zu kämpfen.

150 Milliarden durch Export nach Deutschland

Die Deutschland-Strategie sei keineswegs nur auf Kommerz ausgerichtet, aber mit einem dänischen Export von 150 Milliarden Kronen (20,17 Milliarden Euro) jährlich sei Deutschland der wichtigste Markt für dänische Waren. Als Beispiel hob Friis den Export in das größte Bundesland Nordrhein-Westfalen hervor, das mit 20 Milliarden Kronen (2,7 Milliarden Euro) ebenso viel aufweist wie die Gesamtausfuhren nach Italien und Polen, obwohl diese beide Länder mit 60 bzw. 40 Millionen (8,01 bzw. 5,38 Milliarden Euro) deutlich mehr Einwohner haben als Nordrhein-Westfalen mit seiner 18 Millionen Bevölkerung.

Der Botschafter äußerte im Interview mit Siegfried Matlok kritisch, dass es trotz der tüchtigen Korrespondenten der dänischen Medien in Berlin nicht genügend Interesse für Deutschland in Dänemark gibt.

Verständnis füreinander wird wachsen

Er glaube aber, dass das Verständnis für Deutschland wachsen wird, durch eine kommende Fehmarn-Verbindung und weil Berlin für die Dänen die am nahe gelegenste Hauptstadt sei. Die Dänen leben – bei allen Höhen und Tiefen – geographisch seit 1.000 Jahren in der glücklichsten Lage mit Schweden und Deutschland als Nachbarn. Dies garantiere, so der Botschafter, in der Zukunft einen noch engeren Kontakt zu Deutschland als zentralen Teil der europäischen Realität.

von

Günter Schwarz – 15.04.2017