Erdoğan erhielt bei dem umstrittenen und offensichtlichen von Wahlmanipulationen begleitetem Referendum mit 63 Prozent überproportional viele Stimmen von Deutsch-Türken. Sicher nicht zuletzt aus diesem Grund bekräftigten einige Politiker aus den Unions-Parteien CDU und CSU die Forderung nach leichterem Entzug des Doppelpasses. Der Vorstoß nimmt die Kinder von Doppelstaatlern in den Fokus.

Nach der Abstimmung über die türkische Verfassungsreform hat die Union ihre Forderung nach einer strengeren Regelung bei Doppelpässen bekräftigt. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, sagte der „Welt“: „Ich halte es für wichtig, dass wir in der nächsten Legislaturperiode die Erleichterungen bei der doppelten Staatsbürgerschaft wieder rückgängig machen.“

Der CSU-Politiker forderte, dass nach dem sogenannten Generationenschnittmodell zumindest den Kindern eines Doppelstaatlers die Staatsbürgerschaft auch wieder entzogen werden kann, „wenn diese nicht in Deutschland leben und offenkundig auch keinen Bezug mehr zu Deutschland haben“. Dieser Vorschlag solle in das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU aufgenommen werden.

Hintergrund des Vorstoßes: Von den am Referendum teilnehmenden türkischen Wählern in Deutschland hatten nach Angaben der Wahlkommission 63 Prozent mit Ja zu Präsident Recep Tayyip Erdoğans Vorhaben gestimmt, seine eigene Macht mithilfe einer Verfassungsreform deutlich auszubauen.

Mayer warnte mit Blick auf das Referendum, das Erdoğan knapp für sich entschieden hatte: „Der Weg der Türkei weg von demokratischen und rechtsstaatlichen hin zu deutlich stärkeren autokratischen Strukturen sei vorgezeichnet.“ Er hoffe, dass Erdoğan von dieser „fast unbeschränkten Machtfülle in maßvoller und moderater Weise Gebrauch macht“.

Ähnlich wie Mayer äußerte sich am Sonntag der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), kritisch zur aktuellen Doppelpass-Regel. Röttgen erneuerte seine Kritik, dass die dauerhafte doppelte Staatsbürgerschaft kein Beitrag zur Integration sei.

Über das Modell Generationenschnitt hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) Anfang dieses Jahres gesagt, es könne ein Kompromiss sein, bei dem die Doppelpass-Regelung „ab einer bestimmten Generation in der Kinder- oder Enkel-Generation“ nicht mehr gelte. Die vom Sachverständigenrat für Migration stammende Idee sei, „zu sagen, das kann ja nicht in fünf, sechs Generationen weitergehen“.

Union und SPD hatten in dieser Legislaturperiode beschlossen, dass in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder von Nicht-EU-Bürgern neben der deutschen Staatsbürgerschaft auch jene der Eltern behalten dürfen – für sie entfällt damit die Pflicht, sich spätestens mit 23 Jahren für eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden. Für viele Menschen ist die doppelte Staatsbürgerschaft übrigens schon länger möglich, zum Beispiel für EU-Bürger.

von

Günter Schwarz – 18.04.2017