(Ohio, USA) Am Ostersonntag erschießt der Afro-Amerikaner Steve Stephens den 74jährigen Robert Godwin in Cleveland, Ohio, auf offener Straße und stellt das Mordvideo live auf Facebook.

Noch immer ist der Täter auf der Flucht und die Suche, die zunächst auf 5 Bundesstaaten ausgedehnt wurde, gilt nun Landesweit.

Während Polizei und FBI bemüht sind, den Täter zu finden, wird in den sozialen Medien harsche Kritik laut. Warum ein Täter nicht gefasst werden kann, der über Facebook seinen Standort streamt und warum die großen Medien über die Vorgänge nicht berichten, sind die vorrangigen Fragen vieler Nutzer auf Twitter.

In der Tat konnte man die Ereignisse sehr gut auf Twitter verfolgen, während Nachrichtenagenturen den Fall zunächst komplett ignorierten. Ganz zu recht sorgte dies für großen Unmut bei den Bürgern in Ohio.

Es ist unglaublich. Es passiert ja nicht jeden Tag, dass da ein Mörder auf der Flucht ist, nachdem jemand auf offener Straße erschossen wurde. Als Bürger möchte ich dann den Fernseher einschalten und über die Nachrichten vernünftig informiert werden, anstelle den Gerüchten auf Twitter zu folgen.

Mit Gerüchten hielten sich die User auf Twitter nicht zurück. In der Nacht von Sonntag auf Montag tauchten viele Meldungen auf, nach denen das Fahrzeug des Flüchtigen an verschiedenen Orten gesichtet sein sollte. Viele der Twitter-User beriefen sich bei ihren Aussagen auf den Police-Scanner, einer App, mit der man eingeschränkt den Polizeifunk in den USA abhören kann. Über die offiziellen Nachrichten wurden diese Meldungen nicht bestätigt und sorgten damit in der Bevölkerung für große Unsicherheit.

Insgesamt haben sich auch die User auf Twitter überhaupt nicht mit Ruhm bekleckert. Noch in der Nacht tauchten mehrere Fake-Profile im Namen des Täters auf Twitter auf, auf denen die Urheber dieser Accounts mit weiteren Morden drohten. Auch wurden mindestens neun falsche GoFundMe-Accounts eingerichtet, auf denen man angeblich Geld für die Familie des Opfers sammelte. Einer dieser Accounts erzielte in wenigen Stunden fast 20.000 US-Dollar. Die Familie des Opfers distanzierte sich jedoch ausdrücklich von diesen Accounts.

Nach dieser Tat entbrennt nun eine Diskussion darüber, wie Facebook mit solchen Gewaltdarstellungen umzugehen habe. Bisher gab es bei Facebook kaum Einschränkungen bei Gewaltdarstellungen, wenn die Fotos und Filme dokumentarischen Charakter hatten. Eine gewaltverherrlichende Darstellung von Straftaten sei aber nie erlaubt gewesen.

Insgesamt fällt das Resümee dieser Tat enttäuschend aus. Es zeigt zumindest, wie viele Menschen sich in sozialen Medien bewegen, die einen ungeheuren Spaß damit haben, ihre Mitmenschen verunsichern zu wollen oder Gewinn aus so einer schrecklichen Tat ziehen möchten.

Der Presse und auch den Behörden ist der Vorwurf zu machen, dass die Bürger in den betroffenen Gebieten überhaupt keine Möglichkeit hatten, sich über offizielle Kanäle zu informieren. Dies hat die Fehlinformation über die sozialen Medien sehr begünstigt. Viele besorgte Menschen haben sich auf die Hinweise auf Twitter verlassen und waren damit den Panikmachereien der „Spaßvögel“ auf Twitter ausgesetzt.

Der Täter ist noch immer nicht gefunden. Viele User auf Twitter spotten, man könne einen Terroristen in einer Höhle in Afghanistan aufspüren – nicht aber einen Flüchtigen, der über ein Mobiltelefon seinen Standort verrät. Die Polizei hat nun eingeräumt, dass der Flüchtige sein Mobiltelefon inzwischen ausgeschaltet haben muss.

Michael Schwarz – 19. April 2017