Petry mit „Zukunftsantrag“ gescheitert / VIDEOs: Rede Petry und Meuthen
(Köln) – Die AfD-Chefin Frauke Petry hat beim Bundesparteitag in Köln mehrere Schlappen eingestecken müssen. Die Delegierten lehnten ihren „Zukunftsantrag“ ab. Er sollte die AfD nach Petrys Meinung langfristig realpolitisch und regierungsfähig machen. Doch die rund 600 Delegierten wollten ihr nicht folgen, stattdessen bejubelten die Co-Parteichef Jörg Meuthen.
Die AfD-Parteichefin Frauke Petry hat am Samstag auf dem AfD-Parteitag in Köln eine schwere Niederlage einstecken müssen. Ihre Partei entschied mit großer Mehrheit, sich nicht mit ihrem „Zukunftsantrag“ zu befassen, mit dem Petry die AfD auf einen „realpolitischen Kurs“ und das Ziel des Mitregierens festlegen wollte. Auch Petrys Antrag zur ideologischen Ausrichtung der Partei wurde von den 600 Delegierten gar nicht erst auf die Tagesordnung gesetzt. Die Parteichefin wollte damit antisemitische, rassistische und völkische Tendenzen in der Partei ausgrenzen.
Den Verzicht auf eine strategische Neuausrichtung bezeichnete Petry als „Fehler“. Sie werde sich die Entwicklung der Partei in den kommenden Monaten ansehen, wie sich der Weg der Partei ohne eine solche Klärung gestalte. Dies werde sie als Parteichefin tun, „die ich bin und bleibe“.
Petry versteinert, Meuthen bejubelt
Während die 41-jährige Petry streckenweise mit versteinerter Miene auf dem Podium neben den anderen Vorstandsmitgliedern saß, wurde ihr Kontrahent, Co-Parteichef Jörg Meuthen, mit Ovationen gefeiert. Über Kanzlerin Angela Merkel, SPD-Chef Martin Schulz und Grünen-Politikerin Claudia Roth sagte Meuthen, die Partei können „diese Gestalten nicht mehr ertragen“. Die AfD werde „nicht heute, nicht morgen, niemals“ Koalitionen mit „solchen Figuren“ eingehen.
Auch Parteivize Alexander Gauland bezeichnete den Vorstoß Petrys als „Fehler“. Die in Petrys Antrag beschriebene Spaltung der Partei in einen realpolitischen und einen fundamental-oppositionellen Teil gebe es seiner Ansicht nach nicht.
Es bleibt beim Spitzenteam für Wahlkampf
Einen weiteren Dämpfer für Petry gab es mit Blick auf den Bundestagswahlkampf. Der als Petry-Unterstützer geltende AfD-Vize Albrecht Glaser scheiterte mit seinem Antrag, die Wahl eines Spitzenteams für die Wahl im September von der Tagesordnung zu nehmen. Hätte der Parteitag beschlossen, kein Spitzenteam zu bestimmen, hätte Petry, die vor wenigen Tagen auf eine Spitzenkandidatur verzichtet hatte, faktisch auch weiterhin in der ersten Reihe gestanden.
Das Spitzenteam soll am Sonntag gewählt werden. Als mögliche Kandidaten gelten Alice Weidel aus Baden-Württemberg sowie die stellvertretenden Parteivorsitzenden Alexander Gauland und Beatrix von Storch. Weidel gilt als Vertreterin der Wirtschaftsliberalen. Von Storch und Gauland sind Wunschkandidaten der Rechtsnationalen.
Höcke-Ausschlussverfahren wird nicht gestoppt
Abgeschmettert wurde auch ein Antrag des Bremer Landesverbands, der das angestrebte Parteiausschlussverfahren gegen den umstrittenen Thüringer Landeschef Björn Höcke stoppen sollte. Höcke selbst ist nicht auf dem Bundesparteitag in Köln. Er hatte vor gut einer Woche erklärt, er verzichte auf eine Teilnahme, weil er keinen Skandal initiieren und nicht polarisieren wolle. Ohnehin hatte das Kölner Maritim-Hotel, in dem AfD-Parteitag stattfindet, ein Hausverbot gegen ihn erlassen.
Gewalttätige Proteste linker Gruppen
Begleitet wird der AfD-Parteitag in Köln von teils gewalttätigen Protesten linker und linksextremer Gruppierungen. Die Kölner Polizei rechnete im Vorfeld mit bis zu 50.000 Demonstranten. Linksgerichtete Demonstranten versuchten am Samstagmorgen, Delegierte am Betreten des Hotels zu hindern. Die Polizei eskortierte einzelne AfD-Mitglieder. Nach Polizeiangaben wurde ein Beamter durch eine von Demonstranten geworfene Metallstange verletzt. Zudem zündeten Demonstranten im Kölner Stadtteil Deutz Reifen an, die die Polizei jedoch schnell löschen konnte.
Auf dem Heumarkt startete später die Hauptveranstaltung des Bündnisses „Köln stellt sich quer“, auf der auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sprechen wollten. Gewerkschaften und die Kölner Kirchen warben bei der Veranstaltung für Respekt und Toleranz.
von
Günter Schwarz – 22.04.2017