Ivanka Trump ist die einflussreichste Frau in der amerikanischen Regierung. Nun kommt die „First Daughter“ nach Deutschland – und trifft die einflussreichste Frau in der Bundesregierung. Die wohl mächtigste Präsidententochter der Welt, die mittlerweile ein Büro im Weißen Haus bezogen hat, nimmt gemeinsam mit Angela Merkel (CDU) an einem internationalen Gipfeltreffen zur Stärkung von Frauen teil.

Ziel der Veranstalter ist es, Frauen in eine bessere wirtschaftliche Lage zu versetzen, ihnen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen sowie eine größere Beteiligung am Unternehmertum zu ermöglichen. Der sogenannte „Women20 Summit“ wird an diesem Dienstag und Mittwoch im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft ausgerichtet.

Die Bundeskanzlerin und die Präsidententochter haben sich bereits einmal getroffen. Als Merkel den amerikanischen Präsidenten Donald Trump besuchte, gab es auch eine gemeinsame Runde mit Unternehmenslenkern, in der es unter anderem um das Ausbildungssystem in Deutschland ging. Merkel saß Trump gegenüber, auf dem Stuhl neben ihr wiederum hatte Ivanka Trump Platz genommen.

Inwieweit es ein gutes Zeichen ist, dass Ivanka Trump zum W20-Gipfel nach Berlin kommt, ist äußerst fraglich, denn sie hat mit dem Leben von echten Frauen ungefähr so viel zu tun wie ein Eisbär mit der Sahara oder wie das Jobcenter mit einem Vorstandsposten.

Auf ihrem Instagram-Account bezeichnet sie sich selbst als „Unternehmerin und leidenschaftliche Anwältin für die Erziehung und Stärkung von Frauen und Mädchen“. Thank you – but no thank you. Wenn ein Mädchen sagen würde, sie möchte werden wie Ivanka Trump, dann sollte man alles daran setzen, dass sie eher „Spielerfrau“ wird als so wie Ivanka Trump. Es ist schon schwieirg, dass Donald Trumps Schwiegersohn, Ivankas Ehemann, Jared Kushner, einer der engsten Mitarbeiter und Berater des US-Präsidenten ist.

Jetzt aber auch noch Ivanka: Sie hat ein Büro in der Nähe von Daddys Oval Office, sie hat einen Posten, der so vorher gar nicht ausgeschrieben oder zu haben war, sie hat die volle Sicherheitsstufe, sie kostet unglaublich viel Geld – und sie ist nochmal wodurch genau qualifiziert, im Weißen Haus zu arbeiten? Weil sie einen Ratgeber geschrieben hat? Weil sie ein Unternehmen gegründet hat? Doch wohl eher, weil sie „Daddys Girl“ ist – und das ist fast schlimmer, als wenn man in ein Königshaus hineingeboren wurde, das ist der pure Nepotismus. Das ist Vetternwirtschaft vom Feinsten, und das ist ein Schlag ins Gesicht der Frauen, die Ivankas Job tausend Mal mehr verdient oder erarbeitet haben und ihn besser machen würden.

Sie erhält kein Gehalt, werden einige jetzt leise murmeln, aber das ist ja auch nicht nötig, denn bei ihrem Vermögen braucht sie nun wirklich kein weiteres Gehalt vom Steuerzahler – denn auch dieser Fakt ist nur ein weiterer Fausthieb in die Magengrube jeder arbeitenden Frau, die sich abrackert, lernt, ausbilden lässt, jahrelang auf der Karriereleiter rumzappelt, nur um sich dann von einer „Tochter“ doch noch abhängen zu lassen mit den Worten: „Ich brauch‘ das Geld nicht“.

Hallo, W20-Frauen, die ihr Ivanka Trump eingeladen habt, was habt ihr euch denn dabei gedacht? Schon klar, PR ist immer wichtig, aber da hätte doch Königin Máxima als ehemalige Finanz-Expertin schon das ihre getan. Das Ergebnis des W20-Gipfels wird ja schließlich als Empfehlung an die Regierungschefs der G20 weitergegeben. Und was könnte das sein? Wie man seinen Papi um einen Job bittet? Wie man blond, aber nicht zu blond ist? Wie man andere überzeugt, indem man eine Menge heißer Luft fabriziert – die Abgase der Airforce One noch nicht mal mit einberechnet? Ivanka schreibt in ihrem im Mai erscheinenden Buch „Women Who Work – Rewriting the Rules of Success“ selbst: „Ich glaube daran, dass, wenn es um Frauen und Arbeit geht, es nicht nur einen einzigen Weg gibt. Die einzige Person, die wirklich Einfluss darauf hat, wie dein Arbeitsleben verläuft, bist du selbst.“

„Daddy’s Girl“

Ja, das ist wahrlich gut gebrüllt, Löwin. Es wird der Kassiererin bei Aldi oder der Altenpflegerin aber nicht unbedingt aus der Seele sprechen. Freundlicherweise dankt Ivanka in ihrem Buch noch „unseren Vorreiterinnen, die den „Frauen von heute alles leichter gemacht hätten. Aber das hat ja nicht wirklich etwas mit Ivankas Leben zu tun. Deswegen schwenkt sie auch flugs auf ihren eigenen Werdegang: „Ich hatte Glück und konnte meinen Job um meine Leidenschaften herum aufbauen. Herzlichen Glückwunsch auch dazu! Sie war in leitenden Tätigkeiten, aber eben auch Unternehmerin, also selbstständig, fügt sie hinzu, und jetzt der Hammer: Sie ist auch noch Frau, Mutter, Ehefrau, Freundin und Tochter. Vor allem wohl Tochter. 

Sie weiß wahrlich, wie sie ihre Unternehmen weiterhin präsentiert, beispielsweise indem sie ihren eigenen Schmuck einfach selbst trägt, während sie mit Daddy eine Pressekonferenz gibt. Gut, das macht jedes kleine Mädchen, dass es seinen selbstgebastelten Perlenplunder umhängt und vorzeigt, wenn Daddys Freunde zu Besuch kommen, in der Hoffnung, einer der netten Onkels kauft ein Kettchen für seine eigene Tochter für „Zwo Fuffzich. Als 35-Jährige aber sollte die Abnabelung vom Elternhaus abgeschlossen sein. Große Mädchen dürfen ihre Papis weiter toll finden, aber sie sollten ein eigenes Leben haben und die Prinzessinnenzeit als beendet betrachten. Eigene Jobs, eigene Beziehungen wären von Vorteil. Müssen wir uns in der Hinsicht also gar Sorgen um Ivanka machen?

Allerdings sollte sich das Mitleid in Grenzen halten: eine Frau, die an Perfektion, an Leben im Überfluss, weißen Zähnen, Grazie, stets der richtigen Kleiderwahl und ihren süßen drei Kindern, (die bei Staatsbesuchen sogar fremden Präsidenten aus China in astreinem Mandarin vorsingen), diese also an Nicht-Realität kaum zu überbietende Frau nun als „Vorbild der „working-class-mom hinzustellen, ist tatsächlich nicht zu übertrumpfen.

Dieses Bild der perfekten Mutter mit dem perfekten Gatten, mit den perfekten Kindern und dann auch noch mit dem perfekten Job setzt Frauen fortan weltweit noch mehr unter Druck. Nix mit Solidarität und Women Empowerment und dem ganzen schönen Vorhaben, das ist psychologische Grausamkeit.

Wer soll das denn wuppen? Jede normale Frau, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die, die den so wichtigen W20-Gipfel organisieren, haben Kinder mit Sabber auf dem Hemd, einen Mann, der nicht so reich und kuschelig ist wie ein Kushner, Schuhe, bei denen der Absatz abbricht und Handtaschen, die totally last season sind (weil sie keine Zeit haben, eine neue zu kaufen.) Und ja, die meisten haben total schöne Familienfotos, aber bestreiten damit nicht ihre Jobs oder ihre Arbeitslosigkeit! Sie definieren sich nicht als „Überfrau, die alles hinkriegt – weil es Bullshit ist!

von

Günter Schwarz – 25.04.2017