Oberleutnant der Bundeswehr unter Terrorverdacht festgenommen
(Frankfurt/M. / Offenbach) – Ein Oberleutnant der Bundeswehr soll sich als syrischer Kriegsflüchtling ausgegeben und einen Anschlag geplant haben. Der Soldat aus Offenbach habe in Bayern unter falschem Namen einen Asylantrag gestellt und deshalb auch finanzielle Unterstützung bekommen, berichtete die Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Donnerstag – einen Tag nach der Festnahme des 28-Jährigen. Der Mann habe sich aber nur „sporadisch“ in einer Flüchtlingsunterkunft aufgehalten. Er soll einen Anschlag mit vermutlich fremdenfeindlichem Hintergrund geplant haben. Die Staatsanwaltschaft nennt die Umstände kurios.
Schwerer Verdacht gegen einen 28 Jahre alten Bundeswehrsoldaten aus Offenbach: Er soll sich über eine Registrierung als Asylbewerber eine falsche Identität besorgt und einen Anschlag vorbereitet haben. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Frankfurt/Main am Donnerstag mit. Der in Frankreich stationierte Oberleutnant und ein ebenfalls aus Offenbach stammender mutmaßlicher Helfer wurden am Mittwoch festgenommen.
Die beiden Männer seien über Sprachnachrichten in Kontakt gewesen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Aus der bei den Ermittlungen abgefangenen Kommunikation ergebe sich ihre fremdenfeindliche Gesinnung.
Ermittler: Fall mehr als kurios
Die Ermittler nennen diesen äußerst ungewöhnlichen Fall selbst „mehr als kurios“ und gehen von einem fremdenfeindlichen Motiv aus. Welche Art von Anschlag der Verdächtige geplant habe und was das Ziel gewesen sein, teilte die Staatsanwaltschaft nicht mit. Nach Ansicht der Ermittler führte er ein Doppelleben. „Das hat er alles parallel gemacht. Eine Art Doppelleben“, sagte eine Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft am Donnerstag. „Mir ist sowas ähnliches nicht bekannt. Ich denke, das ist auch eine sehr außergewöhnliche Geschichte.“
Der Soldat führte über längere Zeit ein Doppelleben, bei dem er sich auch als syrischer Flüchtling ausgab. Aufgefallen war der beschuldigte Offizier, als er Ende Januar auf dem Flughafen in Wien eine Waffe auf der Toilette versteckte.
Als er die geladene Pistole Anfang Februar wieder holen wollte, nahm ihn die österreichische Polizei vorübergehend fest. Er kam allerdings wieder auf freien Fuß, weil die österreichischen Behörden keine Haftgründe gesehen hätten, sagte die Sprecherin. Nach Presse-Informationen wurde nur wegen unerlaubten Waffenbesitzes gegen ihn ermittelt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur stammt die Waffe nicht von der Bundeswehr.
Ein Abgleich der in Wien genommenen Fingerabdrücke ergab dann, dass der Soldat sich bereits im Dezember 2015 in der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gießen als Syrer ausgegeben hatte und später im bayerischen Zirndorf einen Asylantrag stellte und dort registriert wurde. Aus Ermittlerkreisen hieß es, er habe sich als Obstverkäufer aus Damaskus ausgegeben. Unter seiner falschen Identität bezog er staatliche Hilfe.

Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen: Hier soll sich der Soldat als Syrer ausgegeben haben.
„Diese Erkenntnisse sowie Anhaltspunkte, die für einen fremdenfeindlichen Hintergrund des Bundeswehrsoldaten sprechen, legen den Verdacht nahe, dass der Beschuldigte mit der zuvor am Wiener Flughafen hinterlegten Waffe eine schwere staatsgefährdende Straftat im Sinne eines Anschlags geplant hat“, heißt es in einer Presseerklärung der Ermittler. Erkenntnisse über Zeitpunkt oder Ziel des Anschlags gebe es aber nicht.
Ein 24 Jahre alter Student aus Offenbach soll in die Planung des Anschlags einbezogen gewesen sein. Auch er wurde festgenommen und soll am Donnerstag dem Haftrichter in Frankfurt vorgeführt werden. Die Festnahme des Soldaten war bei einem Lehrgang im unterfränkischen Hammelburg erfolgt. Wie es ihm gelang, sich als Syrer auszugeben, blieb zunächst offen. Es sei offenbar nicht aufgefallen, obwohl nicht einmal arabisch spreche, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Zeitweise hielt er sich abwechselnd in der Flüchtlingsunterkunft und bei der Bundeswehr auf.
Waffen und Munition beschlagnahmt
Im Zuge der Ermittlungen waren am Mittwoch 16 Objekte in Deutschland, Österreich und Frankreich durchsucht worden, darunter eine Wohnung des Studenten in Friedberg (Wetterau) und Räume der Bundeswehr. Dabei wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, hieß es. Bei dem Studenten stellte die Polizei nach eigenen Angaben Waffen und Munition sicher, die unter das Kriegswaffenkontroll- und das Sprengstoffgesetz fallen.
Weitere Informationen
Was wann und wo geschah – was bisher bekannt ist
Hessische Erstaufnahmeeinrichtung, Gießen: 2015 gibt sich der Soldat als syrischer Flüchtling aus.
Zirndorf (Bayern): Anfang 2016 stellt der Bundeswehrsoldat einen Asylantrag und wird registriert, danach lebt er in einem Flüchtlingsheim in Bayern und bezieht finanzielle Leistungen unter falscher Identität.
Flughafen Wien/ Schwechat (Österreich): Ende Januar 2017 wird eine geladene Schusswaffe auf einer Toilette gefunden, kurz später will der Offizier (Oberleutnant) sie wieder holen – vorübergehende Festnahme durch die österreichische Polizei.
Hammelburg (Unterfranken): April 2017: Der verdächtige Soldat wird bei einem Bundeswehrlehrgang festgenommen, Durchsuchungen in Deutschland, Österreich und Frankreich.
Friedberg (Wetterau): Hier hat der verdächtige Student eine Wohnung.
Illkirch (Frankreich): Hier war der 28-jährige Oberleutnant der Bundeswehr stationiert.
Offenbach: Herkunftsort der beiden Tatverdächtigen.

Günter Schwarz – 27.04.2017