Umstrittenes Uni-Gesetz: EU geht gegen Ungarn vor
(Brüssel) – Wegen des höchst umstrittenen Hochschulgesetzes hat die EU-Kommission ein Verfahren gegen Ungarn eingeleitet. Ein entsprechender Mahnbrief wurde an die ungarische Regierung geschickt, gab die Kommission gestern bekannt. Das Gesetz verstoße unter anderem gegen das EU-Niederlassungsrecht und das Recht auf akademische Freiheit.
Das Hochschulgesetz verstoße in mehrerlei Hinsicht gegen europäisches Recht, so EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Es verletze die Binnenmarktregeln ebenso wie die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, die akademische Freiheit sowie das Recht auf Bildung. Außerdem beeinträchtige das Gesetz die in der europäischen Grundrechte-Charta verankerte unternehmerische Freiheit und verstoße gegen internationale Handelsabkommen.
Dombrovskis kritisierte zudem die von der rechtspopulistischen Regierung Ungarns initiierte Kampagne „Stoppt Brüssel“. Auch die Maßnahmen des Landes in der Flüchtlingspolitik sowie das Gesetz für die Registrierung von Nichtregierungsorganisationen (NGO) stünden unter Beobachtung, so die Kommission in ihrer schriftlichen Presseerklärung.
Doch auch in zahlreichen anderen Punkten sieht die EU dringenden Erklärungsbedarf, etwa bei Ungarns Umgang mit der Pressefreiheit. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bezeichnete die Vorwürfe als „absurd“.
Orbán gratulierte Erdoğan
Orbán gratulierte bei seinem Brüssel-Besuch dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan zum Ausgang des umstrittenen Verfassungsreferendums. Er sei der Meinung, dass Stabilität für die Türkei wichtig sei, daher habe er Erdoğan seine Glückwünsche ausgerichtet, so Orbán auf eine Reporterfrage.
Die Unterstützung für Erdogan sei eine Frage der Prioritäten, so Orbán weiter. Demokratie sei wichtig, aber das sei seiner Meinung nach nicht das wichtigste Anliegen der EU an die Türkei. An erster Stelle stehe das Interesse an einer möglichst stabilen Türkei, und die EU sollte jene unterstützen, die das liefern könnten. Wenn die Türkei nicht stabil sei, könne die ganze Region brennen, und der Druck auf die EU-Staaten wäre unerträglich.
von
Günter Schwarz – 27.04.2017