(København) – Ärzte, Schwestern und Pfleger, Busfahrer, Polizisten, Köche – die Liste der Menschen, die regelmäßig nachts arbeiten müssen, ist lang. Doch wer betreut in dieser Zeit eigentlich die Kinder? Dänemark will nun einen ungewöhnlichen Weg gehen, um dieses Problem zu lösen. Das Königreich Dänemark will Menschen, die außerhalb von Kita- und Hort-Zeiten arbeiten müssen, einen Zuschuss für die Kinderbetreuung zahlen. Damit geht das Land über EU-Pläne hinaus.

In Dänemark sollen Eltern, die während der Abend- und Nachtstunden arbeiten müssen, künftig Geld für den Babysitter bekommen – vom Staat. Die Reform ist Teil eines Programms zur Modernisierung der Kinderbetreuung, das Sozial- und Kinderministerin Mai Mercado vorstellte. Demnach sollen all diejenigen Arbeitnehmer mit Kindern einen Zuschuss bekommen, bei denen beide Elternteile außerhalb der Öffnungszeiten der Kindergärten arbeiten, wie beispielsweise Polizisten oder Krankenhauspersonal. 

„Die Familie soll die Möglichkeit haben, dass ihr Kind von jemandem beaufsichtigt wird, bei dem es sich sicher fühlt – das kann die Oma oder ein Kindermädchen sein“, sagte Mercado der Presse gegenüber. Die Kosten werden landesweit auf fünf Millionen dänische Kronen (670.000 Euro) geschätzt. In das gesamte Programm investiert die Regierung über vier Jahre umgerechnet rund 78 Millionen Euro.

Mit ihren Plänen für eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie übertrifft Dänemark auch solche der EU-Kommission, die im Rahmen ihres Programms für ein sozialeres Europa zunächst erste konkrete Maßnahmen für mehr Rechte von berufstätigen Eltern vorgestellt hat. So sollen Mütter und Väter in ganz Europa ein Anrecht auf jeweils mindestens vier Monate Elternzeit und ein Recht auf Teilzeit und Rückkehr in eine volle Stelle bekommen. Zudem schlägt die EU-Kommission vor, dass Vätern generell mindestens zehn Arbeitstage Urlaub nach der Geburt zustehen.

Auch in Deutschland arbeiten Millionen Menschen nachts

Für Eltern in Deutschland ändert dies wenig. denn auch in Deutschland arbeiten immer mehr Menschen abends oder nachts. Das geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums aus dem Herbst vergangenen Jahres auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervor. Das Rückkehrrecht nach Teilzeit hat Sozialministern Andrea Nahles in etwas anderer Form bereits vorgeschlagen. Väter und Mütter haben bereits jetzt Anspruch auf Elternzeit von bis zu 36 Monaten, allerdings ohne finanzielle Entschädigung. Elterngeld gibt es für bis zu 14 Monate, wenn Väter mindestens zwei Monate aus dem Job aussteigen. Familienministerin Manuela Schwesig erklärte, Deutschland habe gute Erfahrungen mit dieser Politik gemacht. „Schön, dass es in Europa jetzt auch in diese Richtung gehen soll.“

Während demnach 1996 nur 15,6 Prozent der abhängig Beschäftigten häufig abends arbeiten mussten, lag der Anteil den Zahlen zufolge im Jahr 2015 mit knapp 8,8 Millionen Betroffenen bei mehr als 24 Prozent. Nachtarbeit mussten demnach 2015 knapp 3,3 Millionen und damit gut neun Prozent der Beschäftigten leisten – 1995 waren es noch 7,6 Prozent. Die Kinderbetreuung in diesen Zeiträumen muss in Deutschland dagegen in der Regel selbst organisiert und bezahlt werden.

von

Günter Schwarz – 28.04.2017