(Chicago) – Erst aus dem Flugzeug geschleift, jetzt entschädigt, und jetzt hat sich die US-Fluggesellschaft United Airlines dem Passagier geeinigt, der gewaltsam aus einer überbuchten Maschine gebracht worden war. Der Mann erhält eine Entschädigung in nicht genannter Höhe. Außerdem hat die Airline angekündigt, Reisenden, die bei Überbuchung freiwillig das Flugzeug verlassen, künftig bis zu 10 000 US-Dollar zahlen zu wollen.

Ein Passagier der US-Fluggesellschaft United Airlines wird nach seinem gewaltsamen Rauswurf aus einer überbuchten Maschine entschädigt. Der 69-Jährige und die Airline hätten sich auf einen Vergleich in nicht genannter Höhe geeinigt, teilte der Anwalt des Fluggastes mit. United kündigte zudem an, dass Passagiere, die eine überbuchte Maschine verlassen, künftig mit bis zu 10.000 Dollar (9.170 Euro) kompensiert würden.

Das Personal am Gate solle einmal pro Jahr im Umgang mit ausverkauften Flügen geschult werden. Die Mitarbeiter sollten auch lernen, besser auf Konflikte mit Passagieren zu reagieren, sagte Unternehmenschef Oscar Munoz.

Die Fluggesellschaft und die Anwälte des Mannes lehnten es ab, Details zur gezahlten Summe zu nennen. Der Anwalt des 69-Jährigen lobte United und sagt: „Die Fluggesellschaft übernimmt Verantwortung und schiebt die Schuld nicht auf jemand anderen“, beispielsweise auf die Stadt Chicago, auf deren Flughafen der Vorfall passiert war. Angestellte der Flughafenpolizei hatten den Mann aus dem Flugzeug gezerrt. Der 69-Jährige hat bisher keine Klage gegen United eingereicht. Nach Angaben seines Anwalts ist das aber noch möglich.

United Airlines hatte ein PR-Desaster erlebt, nachdem die Fluggesellschaft Mitte April einen Flug überbucht hatte und per Zufall vier Passagiere bestimmte, die die Maschine wieder verlassen sollten. Ein 69-Jähriger weigerte sich, woraufhin die Besatzung die Polizei rief. Beamte zerrten den Mann daraufhin vor laufenden Handykameras so rabiat aus der Maschine, dass das rüde Vorgehen gegen den Mann, der sich laut seinem Anwalt die Nase brach, zwei Zähne verlor und eine Gehirnerschütterung erlitt, hatte weltweit Empörung hervorgerufen. United benötigte mehrere Anläufe bis zu einer echten Entschuldigung – zunächst gab die Airline dem Reisenden eine Mitschuld an der Eskalation des Streits.

United hatte zwar bereits versprochen, in solchen Fällen nie mehr die Polizei zu rufen, sah sich jetzt jedoch zu drastischeren Schritten veranlasst. „Die Leute sind bestürzt und ich vermute, dass eine Menge Menschen möglicherweise erwägt, nicht mit uns zu fliegen“, sagte Airline-Chef Munoz der Nachrichtenagentur AP. Die Maschinen sollten künftig nicht mehr so stark überbucht werden wie bislang. Passagieren, die keinen Platz mehr fänden, sollten andere Transportmöglichkeiten angeboten werden, gegebenenfalls auch bei anderen Gesellschaften, hieß es.

„Das wird nie wieder passieren”, verspricht Munoz. United werde keine Sicherheitsbeamten mehr in eine Maschine holen, um einen Passagier herauszuholen, der gebucht und bezahlt habe und im Flieger sitze. Er habe sich „geschämt”, als er die Videos von dem Vorfall gesehen habe.

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Die neue Entschädigungssumme für Personen, die ihren bereits eingenommenen Sitzplatz wieder aufgeben, liegt deutlich über dem bisherigen Betrag von 1.350 Dollar. Sie entspricht in etwa der Summe des Konkurrenten Delta Airlines, der seit diesem Monat in einem solchen Fall 9.950 Dollar zahlt. Southwest Airlines kündigte am Donnerstag dagegen an, Flüge künftig nicht mehr zu überbuchen.

Für United war der aufsehenerregende Fall des 69-Jährigen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt gekommen. Nach einer Fusion mit der Gesellschaft Continental im Jahr 2010 hatte die Airline mit heftigen Problemen zu kämpfen. Im vergangenen Jahr kamen allerdings wieder mehr Flüge pünktlich an. Auch die Zahl der verloren gegangenen Gepäckstücke sank. Kürzlich hatte United Pläne bekanntgegeben, seine Dienste in diesem Sommer auszuweiten.

In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht lieferte United nur wenige Details zu dem Vorfall vom 9. April. Flug 3411 nach Louisville im US-Staat Kentucky sei um eine Person überbucht gewesen, ein Passagier habe seinen Sitz dafür aber freiwillig aufgegeben. Nach dem Boarding der Passagiere seien jedoch zusätzlich vier Besatzungsmitglieder der Fluglinie Republic Airline an Bord gekommen, nachdem sich ihr Flug Richtung Louisville wegen eines mechanischen Problems verzögerte. Dadurch hätten vier zahlende Fluggäste entfernt werden müssen. In dem Bericht heißt es, es sei falsch gewesen, die fremde Crew aufzunehmen, und ohne dass es ein echtes Sicherheitsproblem gab, die Polizei zu rufen und Passagieren nicht ausreichend Geld für das freiwillige Räumen ihrer Plätze zu bieten.

von

Günter Schwarz – 28.04.2017