(Dessau) – Das Umweltbundesamt mit Sitz in Dessau-Roßlau ist mit einem Vorschlag für Tempo 30 in allen geschlossenen Ortschaften vorgeprescht. Die Kritik daran ist von allen Seiten massiv. Offenbar ist der Nutzen dafür gar nicht klar und eher recht fraglich.

Der Vorschlag des Umweltbundesamtes (UBA), in geschlossenen Ortschaften generell eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 statt der bislang üblichen 50 Stundenkilometern einzuführen, stößt nach Informationen der „Welt am Sonntag“ bei vielen Experten auf massive Ablehnung, und bei großen Teilen der Autofahrer stößt es sowieso auf ein absolutes Unverständnis.

„Über die Einrichtung von Tempo-30-Zonen und damit über Geschwindigkeitseinschränkungen wollen die Kommunen selbst befinden“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB). „Wie der Verkehr möglichst gefahrlos und flüssig läuft, muss vor Ort aufgrund der Gegebenheiten entschieden werden und nicht von einem Bundesamt.“ Es sei ein weitverbreiteter Irrglaube, man könne mit immer mehr Verboten und Einschränkungen nachhaltig Probleme lösen.

Beim Deutschen Städtetag lehnt man die UBA-Pläne ebenfalls ab. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Städtetages, ist zwar grundsätzlich kein Gegner von Verkehrsberuhigung. „Aber Tempo 30 auf allen Straßen vorzuschreiben und Tempo 50 nur als Ausnahme auszuweisen, geht zu weit“, sagt er.

Die Bundespartei der Grünen oder der ökologisch ausgerichtete Verkehrsclub Deutschland (VCD), die generell Befürworter von Verkehrsberuhigung sind, würden ebenfalls so weit gehen, die Kommunen grundsätzlich auf Tempo 30 zu verpflichten. Die Grünen wollen den Städten und Gemeinden die Möglichkeit geben, „eigenständig und unbürokratisch“ über Tempo 30 auch auf Hauptverkehrsstraßen innerorts zu entscheiden, heißt es in einem Antrag der Bundestagsfraktion.

Der VCD-Bundesvorsitzende Wasilis von Rauch meint: „Tempo 30 muss nicht überall gelten, 50 darf ausgehend von der Basis dort ausgewiesen werden, wo es erforderlich ist und sichergestellt werden kann.“

Das Bundesverkehrsministerium lehnt den UBA-Plan kategorisch ab: „Eine generelle Tempo-30-Regelung ist vonseiten des Ministeriums nicht geplant und würde die Entscheidungsfreiheit der betroffenen Kommunen einschränken“, sagte ein Sprecher.

Tempo 30 soll zur Regelgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften werden, weil das „bessere Luft, flüssigeren Verkehr und weniger Unfälle mit sich bringt – und man in der Regel genauso schnell unterwegs ist“, hatte Maria Krautzberger ihren Vorstoß begründet. Laut einem Papier der Behörden mit dem Titel „Die Stadt für Morgen“ soll flächendeckend Tempo 30 schon bis 2020 umgesetzt werden. Und zwar im ganzen Land.

Doch die Argumente des UBA für Tempo 30 werden vielfach nicht geteilt – auch von ökologisch ausgerichteten Verbänden oder Verkehrsexperten nicht. „Eine Geschwindigkeitsbegrenzung innerorts auf 30 Stundenkilometer senkt den Ausstoß von Schadstoffen nicht. Auch der Lärm wird dadurch nicht wahrnehmbar reduziert“, sagte Ulrich Klaus Becker, Vizepräsident für Verkehr beim ADAC, und bezieht sich dabei auf eine Studie des Klubs aus dem Herbst. „Tempo 30 ist eine Maßnahme zur Steigerung der Verkehrssicherheit, nicht für die Minderung von Schadstoffen wie Stickoxiden“, heißt es beim VCD.

von

Günter Schwarz – 30.04.2017