Gregor Gysi: „Trump ist psychisch leicht gestört“ – mit VIDEO
Auch wenn Sandra Maischberger mit ihren Gästen gestern Abend über die Frankreich-Wahl sprechen wollte, streiten diese lieber über Donald Trump. Der Schweizer Roger Köppel klagt die Journalisten an: „Euch sind die Sicherungen durchgebrannt!“
Einmal mehr reden über Donald Trump. Beim Zuschauer lösen Trump-Debatten mittlerweile vermutlich ein ähnliches Gefühl aus wie zu viele zuckrige Mitternachtssnacks: Man weiß, es macht Spaß und gibt kurzfristig Genugtuung, aber so wirklich was im Bauch hat man danach nicht.
Sandra Maischberger versucht in ihrer Mittwochabendsendung, Trump aktuell zu halten, indem sie ihre Gäste fragt, ob seine ersten 100 Tage im Amt womöglich nicht nur ihn, sondern auch Europas Populisten entzaubert haben.
Damit legt sie dieses Thema geschickt vor die am Wochenende nahende Stichwahl in Frankreich. Wie so viele Debatten über Populisten bleibt jedoch auch diese an der Causa Trump förmlich kleben.
Fast eine Stunde Sendezeit streiten die Teilnehmer über die Bilanz des amerikanischen Präsidenten, erst dann wird in den viel späteren Sendeminuten der Blick auf Frankreich und die viel aktueller anstehende Stichwahl gerichtet. Für eine Sendung, deren Titel „Trump, Le Pen & Co: Sind die Nationalisten entzaubert?“ lautet, hätte man sich etwas mehr Fokus auf die Nationalisten allgemein und etwas weniger hitzige Debatten über Trump als Person, Politiker und Populisten im Speziellen gewünscht. Alles schon gehört, alles schon gesehen – Spaß macht es den Diskutierenden und vermutlich auch den Zuschauern aber immer noch. Zuckrige Mitternachtssnacks der ARD.
Diplomatie ist was für die „Tagesschau“
Bereits die Einstiegsstatements der Teilnehmer machen klar: Diplomatie ist was für die „Tagesschau“. Der langjährige Oppositionsführer der Linken, Gregor Gysi, beispielsweise steigt damit ein, den amerikanischen Präsidenten als „psychisch leicht gestört“ einzustufen, der ehemalige ARD-Korrespondent Thomas Roth bezeichnet ihn als ein „Desaster“ und wird ihn später noch einen Populisten nennen, „der in drei Hauptsätzen alle Probleme Amerikas lösen will“.
Der Schweizer nationalkonservative Politiker und Publizist Roger Köppel klagt im Gegenzug lautstark die in dieser Runde fast schon überzähligen Journalisten an: „Die, die es am wenigsten begriffen haben, sind die Journalisten! Euch sind die Sicherungen durchgebrannt!“
Wie viel darf man denn nun gegen Trump wettern, und ab wann muss man akzeptieren, dass der Mann demokratisch gewählt wurde? Diese Fragen beschäftigen die Runde zuweilen mehr als die Überlegung, welche Rückschlüsse aus Trumps 100 ersten Tagen für Europa und das europäische Super-Wahljahr gezogen werden können. „Das ist doch Demokratie, die Staatsform der Alternative!“, empört sich Roger Köppel beispielsweise über die journalistische Trump-Kritik aus Deutschland, nur um von „Spiegel“-Autor Markus Feldenkirchen verbessert zu werden: „Das ist immer dieser Grundvorwurf: Jeder, der Trump kritisiert, hat die Demokratie nicht verstanden. Man merkt manchmal eben auch zu spät, was über den demokratischen Weg geschehen ist.“ Die beiden Gäste verfangen sich zuweilen anlässlich der umstrittenen Trump-Titelblätter des „Spiegels“ in Einzel-Unterhaltungen, die jede Talkshow quälend anstrengend machen.

ARD-Börsenexpertin Anja Kohl wiederum versucht, der Diskussion mit Fakten zu begegnen. Nachdem ein Einspieler zur politischen Bilanz Trumps gezeigt wurde, der laut Roger Köppel „alles Mögliche ausgelassen“ hat, versucht sie, aus Sicht einer Finanzjournalistin das angekündigte Steuerpaket der Trump-Regierung aufzudröseln. Eine angenehme Insel der nüchternen Gelassenheit in dieser Talkrunde, ein wichtiger Blick auch auf Europa: Wenn Trump tatsächlich langfristig die Steuern senkt, wie er das vorhat, so wird es wohl auch in Europa zu einem Steuer-Wettlauf mit den USA kommen, mutmaßt Kohl.
Nachdem auch hierauf wieder eine Debatte über die Person Trump als solche und das Konzept Steuern im Allgemeinen entbrennt, bremst der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, seine europäischen Gesprächspartner: „Die ganze Diskussion ist abwegig und nutzlos!“
Ein bisschen weniger Weltuntergang, mahnt er. Kurz darauf spielt Maischberger den nächsten Einspieler ab – es geht um Trump, seine Außenpolitik und Bomben auf Syrien und Afghanistan.
„Spiegel“-Autor Feldenkirchen ist vor allem alarmiert von der Tatsache, dass Trump den Angriff auf Syrien plante, nachdem er Bilder von „beautiful babies“ beim Giftgasangriff im Fernsehen gesehen hatte: „Man könnte jetzt sogar vermuten, dass er nicht bombardiert hätte, wenn die Babys nicht so schön gewesen wären.“ John Kornblum und Roger Köppel bezeichnen das Bombardement dagegen als gut, erfolgreich und pragmatisch.
Was wird nun aus Frankreich?
Was wird aber nun eigentlich aus Europa, was passiert in Frankreich? Nach einer hitzigen Diskussion über die Situation auf der anderen Seite des Ozeans kehrt Maischberger mit ihren Gästen für den allerletzten (!) Einspieler dann tatsächlich aufs europäische Festland zurück – dorthin, wo die Sendung zumindest laut Titel von Anfang an hinwollte.
von
Günter Schwarz – 04.05.2017