Juncker feixt über Bedeutungsverlust von Englisch
(Florenz) – Mit einer einfachen Randbemerkung vor dem Beginn einer Rede hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gestern am Samstag abermals die Lacher auf seiner Seite gehabt und einige humorlose Zeitgenossen verprellt.
Eine Ansprache bei der jährlichen Konferenz des Europa-Instituts im italienischen Florenz leitete Juncker mit der Bemerkung ein: „Ich werde mich in Französisch äußern, weil Englisch langsam, aber sicher an Bedeutung verliert in Europa.“
Der Kommissionspräsident glich seine Spitze gegen die Briten aber auch mit einem Seitenhieb gegen mangelnde Fremdsprachenkenntnisse von den Franzosen aus: „Und außerdem haben die Franzosen am nächsten Sonntag Wahlen und ich möchte, dass sie verstehen, was ich über Europa und Völker sage.“
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Kommissionssprecher muss beruhigen
In der angespannten Stimmung zwischen den Briten und der EU sorgte Junckers Scherz allerdings für einige Aufregung in englischsprachigen Medien, so dass ein Sprecher der Kommission zur Beruhigung versichern musste, man solle aus Junckers Äußerung „keine dramatischen Schlussfolgerungen“ ziehen: „Sie kennen ja den Stil unseres Präsidenten. Sie sind ja vertraut mit seinen Reden. Und dass er manchmal unbeschwerte Bemerkungen macht.“
„Anderswo werden wir bewundert“
Auch inhaltlich ging es bei Junckers Rede um den britischen Ausstieg aus der EU, den er einmal mehr als „Tragödie“ bezeichnete. Man werde fair verhandeln, aber es sei nicht die EU gewesen, die den Briten den Rücken gekehrt habe, sondern genau umgekehrt. Das werde für die Briten „auf Jahre hinaus“ Folgen haben.
Die EU selbst habe ihre „Schwächen“ und trage auch Mitschuld am „Brexit“, räumte Juncker ein. Allerdings gelte es, Augenmaß zu bewahren: In Europa selbst „werden wir kritisiert und in Stücke gerissen, aber anderswo in der Welt werden wir bewundert: Wir haben Jahrzehnte und Jahrhunderte des Blutvergießens überwunden“.
Barnier als Ausgleich zu Juncker
Der „Brexit“ stand auch im Zentrum der später folgenden Rede des EU-Hauptverhandlers mit den Briten, des Franzosen Michel Barnier. Der hielt seine Rede indes auf Englisch, was er unter Bezugnahme auf Juncker mit den Worten begründete: „Natürlich will ich auch von denen verstanden werden, die Französisch sprechen – besonders zwei Tage vor der kritischen Wahl in meinem Land. Aber es ist mir genauso wichtig, von den Briten verstanden zu werden.“
von
Günter Schwarz – 06.05.2017