EU stellt Mautverfahren gegen Deutschland ein
(Brüssel) – Die Bundesregierung will Autofahrer für die Straßennutzung zahlen lassen – aber ohne Mehrbelastung für Inländer. Ist das mit EU-Recht vereinbar? Die EU-Kommission sagt jetzt ganz formell Ja zur Pkw-Maut. Nach den Zugeständnissen der Berliner Regierung beim Mautmodell hat die EU-Kommission ihr Verfahren gegen Deutschland eingestellt. Es gebe nun keine Diskriminierung ausländischer Fahrer mehr, teilte die Brüsseler Behörde heute mit.
Der jahrelange Streit um die Pkw-Maut zwischen Brüssel und Berlin ist offiziell beigelegt. Nach den bereits im Dezember vereinbarten Zugeständnissen der Bundesregierung hat die EU-Kommission ihr Verfahren gegen Deutschland nun eingestellt. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass den Bedenken aus Brüssel nach den Änderungen am Maut-Gesetz Rechnung getragen worden sei, teilte die Behörde mit. Jegliche Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit sei von Deutschland beseitigt worden. Sie wolle aber im Auge behalten, ob das Gesetz korrekt angewendet werde, teilte die Brüsseler Behörde mit.
Österreich setzt weiter auf Blockade
Offen ist allerdings, ob andere EU-Staaten die „Infrastrukturabgabe“ noch zu Fall bringen können. Österreich sieht weiterhin einen Verstoß gegen EU-Recht, weil Ausländer bei der Autobahnnutzung stärker belastet werden sollen als Inländer. Die Regierung hatte deshalb bereits im Vorfeld der Entscheidung eine Klage vor dem EuGH angekündigt. Auch Tschechien und die Niederlande haben einen solchen Schritt angedeutet.
„Die Fehlentscheidung der Kommission öffnet der wechselseitigen Diskriminierung zwischen EU-Mitgliedsstaaten Tür und Tor“, sagte heute der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ). In einem ersten Schritt muss Österreich nun die Kommission erneut mit dem Thema befassen.
In einem bis zu dreimonatigen Verfahren werden in der Folge Stellungnahmen von Deutschland und Österreich eingeholt und gesichtet. Wird die Kommission im Anschluss nicht selbst erneut aktiv, ist der Weg für eine österreichische Klage frei, erklärte der Minister das langwierige Prozedere.
Diskriminierung nicht mehr vorhanden
Auch die EU-Kommission, die über die Einhaltung europäischen Rechts wacht, hatte lange bemängelt, dass inländische Autohalter auf den Cent genau bei der Kfz-Steuer entlastet werden sollten. Aus Brüsseler Sicht stellte dies eine unerlaubte Benachteiligung ausländischer Fahrer dar. Bereits im Dezember hatten sich Berlin und Brüssel informell auf Änderungen an dem Prestigeprojekt von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) geeinigt, die die Bedenken ausräumen sollen.
Dobrindt sagte daraufhin Änderungen an den seit 2015 geltenden Maut-Gesetzen zu. Zum einen sollen die Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland stärker gestaffelt werden. Zum anderen soll die für Inländer vorgesehene Maut-Entlastung über eine niedrigere Kfz-Steuer für abgasarme Euro-6-Autos stärker ausfallen, nämlich um 100 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr.
Die Änderungen passierten im März Bundestag und Bundesrat, was die EU-Kommission nun zum Anlass nahm, das Verfahren einzustellen. Ohne Einigung hätte es in einer Klage der EU-Kommission vor dem EuGH und möglichen Geldbußen für Deutschland münden können.
von
Günter Schwarz – 17.05.2017