Am 18. Mai 1987 schließt der färöischer Schriftsteller Heðin Brú, der zu den wichtigsten bildenden Künstlern unserer Zeit auf den zu Dänemark gehörenden Færøerne (Färöern) gehört, in der Hauptstadt der Inselgruppe im Nordatlantik, Tórshavn, für immer seine Augen.

Heðin Brú [heːjɪn brʉu], eigentlich Hans Jacob Jacobsen oder Hans Jákup í Stovuni wurde am 17. August 1901 in dem 183 Seelenort Skálavík auf der Insel Sandoy der Färöer Inseln geboren und war ein bekannter färöischer Schriftsteller.

Heðin Brú war der dritte färöische Romanschriftsteller nach Regin í Líð und Hans A. Djurhuus. Er gilt als der färöische Klassiker und wird für seinen frischen und ironischen Stil geschätzt. Sein Roman „Feðgar á ferð“ (deutscher Titel: „Des armen Mannes Ehre“, in der DDR: „Ketil und die Wale“; Neuübersetzung 2015: „Vater und Sohn unterwegs“) ist „Buch des 20. Jahrhunderts“ auf den Färöern.

Zusammen mit seinen beinahe gleichaltrigen Kollegen William Heinesen, Jørgen-Frantz Jacobsen und Christian Matras spricht man auch von den „großen Vier“ ihrer Generation auf den Färöern.

Heðin Brú fuhr, wie viele seiner Landsleute, in jungen Jahren als Fischer zur See. Nach zwei Saisons entschied er sich für eine landwirtschaftliche Ausbildung in Dänemark. Zurück auf den Färöern, betätigte er sich als Landwirtschaftsberater. Als solcher kam er im ganzen Land herum und in Kontakt mit der einfachen Dorfbevölkerung, was sein literarisches Werk maßgeblich prägen sollte.

1930 erschien Heðin Brús erster Roman „Lognbrá“, der von einem Jungen erzählt, wie er in einem färöischen Dorf aufwächst. 1935 kommt der zweite Teil „Fastatøkur“ heraus, wo der inzwischen junge Mann als Fischer auf einer Schaluppe arbeitet. Beide Bücher erschienen 1946 in dänischer Übersetzung unter dem Titel „Høgni“.

BILD: Hedin-Bru-a – Heðin-Brú-Denkmal in seinem Geburtsort Skálavík

„Feðgar á ferð“, sein bekanntestes Werk, erschien 1940 auf Färöisch, 1962 auf Dänisch (Fattigmandsære), 1966 auf Deutsch (Des armen Mannes Ehre, Übersetzung der dänischen Ausgabe) und 1970 in den USA auf Englisch unter dem Titel „The Old Man and his Sons“. Es war der erste Roman, der aus dem Färöischen ins Englische übersetzt wurde. Er erzählt von dem Wandel der bäuerlichen Gesellschaft zu einer modernen Fischereination und den sich daraus ergebenden Generationskonflikten.

1963 erschien mit „Leikum fagurt“ eine Satire auf die färöische Politik zwischen beiden Weltkriegen. „Men livið lær“ (1970) handelt von einem färöischen Dorf um das Jahr 1800, und „Tað stóra takið“ von 1972 führt uns in ein färöisches Dorf um 1900. Neben diesen Romanen schuf Heðin Brú drei Novellensammlungen, zwei Shakespeare-Übersetzungen (Hamlet und den Sturm) und bis zu seinem Tode eine beachtliche Menge an weiteren Übertragungen der Weltliteratur ins Färöische. Zwischen 1959 und 1974 erschien seine sechsbändige färöische Märchensammlung „Ævintýr I – VI“ (mit Illustrationen von Elinborg Lützen). Ein Standardwerk.

Hans Jacob Jacobsens Sohn Bárður zählt auf den Färöern zu den wichtigsten bildenden Künstlern unserer Zeit.

von

Günter Schwarz – 18.05.2017