(Istanbul) – Einen Tag nach der Festnahme zweier Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung „Sözcü“ („Der Sprecher“) in der Türkei ist die Zeitung mit Sitz in Istanbulk aus Protest mit leeren Seiten erschienen. Nach der Festnahme der Verantwortlichen für den Onlineauftritt der Zeitung, Mediha Olgun, war gestern auch der Izmir-Korrespondent Gökmen Ulu festgenommen worden.

Gestern erschien die Tageszeitung unter der Überschrift „19. Mai Spezialausgabe zur Pressefreiheit“ – die übrigen 19 Seiten der Zeitung blieben aus Protest leer. „Sözcü“ wird seit dem 21. Januar 2013  auch in Deutschland vertrieben. Das Motto der Zeitung Zeitung „Sözcü susarsa Türkiye susar“ (Wenn Sözcü schweigt, schweigt die Türkei) findet man seit dem 1. September 2015 auf dem Titelkopf dieser Zeitung.

Der Herausgeber des Blattes, Burak Akbay, gegen den ebenfalls eine Festnahmebefehl vorliegt, hält sich nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu momentan im Ausland auf. „Sözcü“ ist mit einer Auflage von 270.000 Exemplaren die drittgrößte Zeitung der Türkei. Die türkische Staatsanwaltschaft hatte am Freitag vier „Sözcü“-Mitarbeiter zur Fahndung ausgeschrieben, darunter auch Olgun, Akbay und Ulu.

Bericht über Erdoğans Urlaub als „Verbrechen“

Den Verdächtigen werde nach Angaben von Anadolu vorgeworfen, Straftaten zugunsten der Gülen-Bewegung begangen zu haben, ohne der Organisation anzugehören. Die türkische Regierung macht die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli vergangenen Jahres verantwortlich.

Die regierungsnahe Zeitung „Sabah“ berichtete, bei den Vorwürfen gegen „Sözcü“ gehe es um einen Bericht vom 15. Juli 2016, in dem das Blatt den Urlaubsort von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan öffentlich machte. Stunden später begann der Umsturzversuch, bei dem Putschisten das Hotel in Marmaris angriffen. Erdoğan war kurz zuvor abgereist.

von

Günter Schwarz – 20.05.2017