Der in Dänemark sehr bekannte Theater und Filmschauspieler Nikolaj Lie Kaas erblickt am 22.05.1973 in Glostrup, einige Kilometer östlich der Hauptstadt København, das Licht der Welt.

Nikolaj Lie Kaas ist ein dänischer Theater- und Filmschauspieler. Der Sohn eines Schauspielerpaares feierte Anfang der 1990er Jahre als Jugendlicher sein Filmdebüt und trat seitdem in 40 Film- und Fernsehrollen, überwiegend Dramen, in Erscheinung. Mehrfach wurde er mit den wichtigsten dänischen Filmpreisen Bodil und Robert ausgezeichnet.

Kindheit und Spielfilmdebüt

Nikolaj Lie Kaas wurde 1973 als Sohn des Schauspielers und Komödianten Preben Kaas und Anne Mari Lie, ebenfalls eine Schauspielerin, geboren. Der aus der zweiten Ehe seines Vaters, stammende Halbbruder Jeppe Kaas ist ebenfalls Schauspieler und als Kapellmeister tätig. Sein Vater, bekannt geworden in Dänemark durch seine Rolle des „Dynamit-Harry“ in den Filmen der „Olsenbande“, beging 1981 Selbstmord. Seine Mutter nahm sich das Leben, als Kaas fünfzehn Jahre alt war. Trotz der familiären Schicksalsschläge entschloss sich Nikolaj Lie Kaas, in die Fußstapfen seiner Eltern zu treten und ebenfalls eine Karriere als Schauspieler anzustreben.

Im Jahr 1991 feierte er sein Spielfilmdebüt in Søren Kragh-Jacobsens „Die Jungen von St. Petri“. In dem Drama, das auf einen Drehbuch von Kragh-Jacobsen und Bjarne Reuter basiert, schlüpfte der damals 17-jährige in die Rolle des „Otto“, der sich im von den Nationalsozialisten besetzten Dänemark einer Gruppe von Mitschülern anschließt, die leise gegen die Besatzer rebelliert. Die Jungen, die Poster aufhängen und den deutschen Soldaten die Helme stehlen, werden von dem Sohn eines Kollaborateurs, zu immer gewalttätigeren Maßnahmen angetrieben. Schon seine erste Filmrolle brachte Nikolaj Lie Kaas großes Lob seitens der Kritiker ein, und er wurde 1992 mit den beiden wichtigsten dänischen Filmpreisen Bodil und Robert jeweils als „Bester Nebendarsteller“ ausgezeichnet.

Nach seinem erfolgreichen Schauspieldebüt war Nikolaj Lie Kaas zwei Jahre später in Erik Clausens „Meine Kindheit auf Fünen“ zu sehen, eine Adaption der Autobiografie des dänischen Komponisten und Dirigenten Carl Nielsens (1865–1931). Mit 21 Jahren begann Kaas an der Staatlichen Theaterschule in København zu studieren und schloss sein Schauspielstudium im Jahr 1998 ab. In diesem Jahr gelang es ihm auch, mit Lars von Triers „Idioten“ an seinen vorherigen Erfolg anzuknüpfen. Das Drama um eine Gruppe von Jugendlichen, die sich in der Öffentlichkeit als geistig Behinderte ausgeben, gilt neben Thomas Vinterbergs „Das Fest“ als einer der ersten Repräsentanten der Dogma-Bewegung, und Kaas gewann für die Rolle des „Jeppe“ 1999 erneut die Bodil als bester Nebendarsteller. Daraufhin trat der Schauspieler sowohl im Film in Erscheinung als auch auf der Theaterbühne, wo er in klassischen Stücken am Königlichen Theater ebenso brillierte, wie in experimentellen Dramen auf kleineren Bühnen.

Es folgten die Komödien „In China essen sie Hunde“ und „Flickering Lights“ von Lasse Spang Olsen bzw. Anders Thomas Jensen, mit denen er sich nicht auf einen bestimmten Rollentypus festlegte bzw. sich auch selbst parodierte. Am Königlichen Theater agierte Kaas 2001 in dem Stück „Peer Gynt“, im selben Jahr feierte er einen weiteren Erfolg im dänischen Kino. In Åke Sandgrens Dogmafilm „Ein richtiger Mensch“ spielt Kaas den unsichtbaren „P“, der in der Fantasie eines 7-jährigen Mädchens existiert, jedoch nach und nach zum realen Menschen reift. Hierfür gewann er ein Jahr später den Robert als „Bester Hauptdarsteller“.

Erfolg mit „Open Hearts“ und internationale Filmkarriere

Der internationale Erfolg stellte sich 2002 durch die Zusammenarbeit mit der Dogma-Regisseurin Susanne Bier ein. In dem Beziehungsdrama „Open Hearts“ spielt Nikolaj Lie Kaas „Joachim“, der plant seine Freundin „Cæcilie“ (gespielt von Sonja Richter) zu heiraten. Die Zukunftspläne werden über den Haufen geworfen, als der junge Mann angefahren wird und eine Querschnittlähmung davonträgt. Das Werk in weiteren Rollen mit Paprika Steen und Mads Mikkelsen besetzt, stand in der Gunst von Kritikern und Kinopublikum und wurde mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht, darunter die Preise der dänischen Filmakademie und des Verbands der dänischen Filmkritiker als Bester Film des Jahres. Unter den Gewinnern war auch Nikolaj Lie Kaas, der noch nicht einmal dreißig Jahre alt als „Bester Nebendarsteller“ zum dritten Mal mit der Bodil und dem Robert ausgezeichnet wurde.

Der Erfolg blieb Kaas 2003 mit der Rolle in „Ivanhoe“ am Königlichen Theater treu, sowie 2004 mit dem Drama „Brothers – Zwischen Brüdern“ in dem er erneut mit der Regisseurin Susanne Bier zusammenarbeitete und Ulrich Thomsen und Connie Nielsen seine Filmpartner waren. Kaas der mittlerweile zu den bekanntesten Akteuren des dänischen Kinos zählt arbeitete bis 2006 an sechs Filmproduktionen, darunter Scott Z. Burns Drama „The Half Life of Timofey Berezin“ in dem er an der Seite von Paddy Considine und Radha Mitchell seinen Einstand im internationalen englischsprachigen Kino feierte. Nach einer Rolle in der deutschen Fernsehproduktion „Der Kommissar und das Meer“ (2008) folgte 2009 mit dem Part des Mr. Gray in Ron Howards Literaturverfilmung „Illuminati“ neben Tom Hanks und Ayelet Zurer eine weitere Rolle im internationalen Kino. Abermals Lob seitens der Fachkritik in Dänemark brachte Kaas die Darstellung des bekannten Schauspielers Dirch Passer (1926–1980) in Martin Zandvliets Filmbiografie „Dirch“ (2011) ein, wofür er erneut den Robert und die Bodil jeweils als bester Hauptdarsteller sowie den Ove-Sprogøe-Preis gewann.

Nikolaj Lie Kaas ist seit 2008 mit der Maskenbildnerin Anne Langkilde verheiratet. Sein sieben Jahre älterer Bruder Jeppe Kaas ist Komponist und ebenfalls Schauspieler. Mit ihm stand er u. a. gemeinsam 2003 in „Dänische Delikatessen“ vor der Kamera. Parallel zu seiner Laufbahn als Filmschauspieler verfolgt er auch eine erfolgreiche Theaterkarriere. So wurde Kaas für seine Interpretation des „Peer Gynt“ am Königlichen Theater von København mit dem renommierten Reumert-Theaterpreis als „Bester Hauptdarsteller“ ausgezeichnet. 2012 übernahm er in Katrine Wiedemanns Inszenierung von Günter Grass’ „Die Blechtrommel“ (Bliktrommen) am Betty-Nansen-Theater die Rolle des Oskar Matzerath. Im selben Jahr war er in einer Hauptrolle in der dritten Staffel der Krimiserie „Kommissarin Lund – Das Verbrechen“ (Forbrydelsen III) als Mitarbeiter des dänischen Geheimdiensts (PET) zu sehen. Die Darstellung des Mathias Borch brachte ihm 2013 den Robert als bester Hauptdarsteller in einer Fernsehserie ein.

Im Mai 2012 wurde bekannt, dass Nikolaj Lie Kaas Carl Mørck, die Hauptrolle in den Verfilmungen der erfolgreichen Krimiserie von „Jussi Adler-Olsen“, spielen wird. Im Rahmen der internationalen Produktion sind zehn Filme über einen Zeitraum von zehn Jahren geplant – Lie Kaas hat sich für die ersten vier verpflichtet. Der erste Film „Erbarmen“ (Kvinden i buret) kam am 23. Januar 2014 in die deutschen Kinos.

von

Günter Schwarz – 22.05.2017