(Warschau) – Nach dem Fund fremder Leichenteile im Grab des am 10. April 2010 bei dem Flugzeugabsturz von Smolensk verunglückten polnischen Präsidenten Lech Kaczynski ist der politische Streit um die Flugzeugkatastrophe von Smolensk neu entbrannt.

Die Fehler bei der Identifizierung der Absturzopfer seien ein Skandal, sagte PiS-Sprecherin Beata Mazurek nach Angaben der polnischen Agentur PAP. Sie machte die Vorgängerregierung dafür verantwortlich. Seit Jahren werfen PiS-Mitglieder der damaligen Regierung von Donald Tusk, dem heutigen EU-Ratspräsidenten, Nachlässigkeit bei den Ermittlungen vor.

Warschauer Behörden zufolge wurden im Grab Kaczynskis, des Zwillingsbruders von PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, sterbliche Überreste von zwei weiteren Menschen entdeckt. Darüber hatte zunächst die „Märkische Oderzeitung“ (MOZ) berichtet.

Die jüngsten Erkenntnisse zu den Toten von Smolensk könnten die politische Stimmung im Land weiter anheizen. Befürchtet wird, dass die Ergebnisse der Exhumierungen die politischen Beziehungen auch zwischen Russland und Polen weiter belasten könnten, zu einer Zeit, in der sie durch die Ukraine-Krise ohnehin schwierig sind. Die Särge der Opfer wurden damals innerhalb von zwei Wochen nach dem Absturz versiegelt von Russland nach Polen überführt. Der Vorwurf könnte nun lauten, dass Russland die Opfer nicht sorgfältig genug identifiziert und angemessen behandelt habe.

Beim Absturz des Regierungsflugzeuges am 10. April 2010 im russischen Smolensk starben neben dem polnischen Präsidentenpaar 94 weitere Menschen. Seit Jahren werfen PiS-Mitglieder der damaligen Regierung von Donald Tusk Nachlässigkeit bei den Ermittlungen vor. Seit ihrem Regierungsantritt 2015 lassen die Nationalkonservativen, die hinter dem Absturz einen Anschlag vermuten, den Fall neu ermitteln und alle Opfer exhumieren.

Laut dem stellvertretendem Generalstaatsanwalt Marek Pasionek wurden weitere Tote fehlerhaft identifiziert. In einem Sarg seien sogar Überreste von sieben anderen Menschen gewesen. Regierungskritiker unterstellen der PiS wiederum, die Katastrophe zur Diskreditierung ihrer Vorgänger zu nutzen. Regierungskritiker aus der Opposition unterstellen der Staatsanwaltschaft nun, selektiv und zum Vorteil der Regierenden zu informieren. Die Behörden hätten weder Angaben dazu gemacht, wer für die Fehler verantwortlich sei, noch Erkenntnisse zur Anschlagstheorie geliefert.

von

Günter Schwarz – 03.06.2017