Das Verhältnis zwischen dem Emirat Katar, dem Veranstalter der Fußball-Weltmeisterschaft 1922, und seinen Nachbarn am Golf ist seit Langem angespannt – nun ist der Streit eskaliert. Mit dem Vorwurf der Unterstützung des Terrorismus haben Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) am heutigen Montag ihre diplomatischen Beziehungen zum Emirat Katar abgebrochen. Saudi-Arabien schloss zudem die Grenzen zu dem Nachbarland, „um die nationale Sicherheit vor Gefahren durch Terrorismus und Extremismus zu schützen“, wie die amtliche Nachrichtenagentur SPA berichtete.

Das ägyptische Außenministerium warf Katar vor, „Terrorismus“ zu unterstützen und schloss alle Häfen und Flughäfen für Schiffe und Maschinen aus dem Emirat. Auch die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition, die seit März 2015 Luftangriffe auf mutmaßliche Stellungen von Aufständischen im Jemen fliegt, schloss Katar aus. Grund dafür sei die Unterstützung des Emirats von „terroristischen Organisationen im Jemen, darunter Al-Kaida und Daesh (die Jihadistenmiliz Islamischer Staat)“, hieß es in einer Erklärung, die SPA verbreitete.

Die VAE geben den Diplomaten in Katar unterdessen 48 Stunden Zeit, um aus der Hauptstadt Doha auszureisen, wie die BBC berichtet.

Die Nachbarländer stoßen sich daran, dass Katar die „islamistische Muslimbruderschaft“ fördert. Außerdem wird der Golfstaat beschuldigt, Pläne des Erzrivalen Iran zu unterstützen.

In einer Erklärung der staatlichen saudi-arabischen Nachrichtenagentur SPA hieß es, Katar verbreite die Botschaften zahlreicher Terrorgruppen über seine Medien. Dazu zählten neben der Muslimbruderschaft auch Al-Kaida und die Extremistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS). Damit solle die Stabilität in der Region gestört werden. Saudi-Arabien wies seine Bürger an, Katar binnen 14 Tagen zu verlassen. Kataris dürfen zudem nicht mehr nach Saudi-Arabien einreisen. Katar wurde zudem aus der von Saudi-Arabien angeführten Militärallianz ausgeschlossen, die seit zwei Jahren im Jemen gegen schiitische Rebellen kämpft.

Die staatliche Nachrichtenagentur Ägyptens warf Katar einen gezielten Plan vor, der sich gegen die Einheit der arabischen Welt richte.

US-Außenminister Rex Tillerson dagegen rief die Golfstaaten auf, ihren Streit beizulegen. Er ermuntere die Beteiligten, sich an einen Tisch zu setzen „und die Differenzen anzusprechen“, sagte Tillerson in Sydney. Es sei wichtig, dass der Golf-Kooperationsrat „geeint bleibe“. Der Organisation gehören neben Katar, Saudi-Arabien, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten auch der Oman und Kuwait an.

In den vergangenen Wochen war der Führung in Doha unter anderem in mehreren US-Medienberichten die Finanzierung von terroristischen Gruppen vorgeworfen geworden. Katar ist Teil der US-geführten Koalition im Kampf gegen die IS-Miliz.

Als Reaktion auf die diplomatische Krise mit Katar stellte die Fluglinie Etihad Airways alle Flüge in das Golfemirat ein. Etihad ist die nationale Fluggesellschaft des arabischen Golfstaates Vereinigte Arabische Emirate (VAE). Von Dienstagmorgen an würden bis auf weiteres keine Maschinen mehr in die katarische Hauptstadt Doha fliegen, teilte Etihad mit.

Katar verurteilte unterdessen den Abbruch der diplomatischen Beziehungen als „ungerechtfertigt“. Der Schritt basiere auf „falschen und gegenstandslosen Behauptungen“, erklärte das Außenministerium in Doha. Ziel sei es offenbar, Katar politisch zu „bevormunden“. Das katarische Außenministerium erklärte, es sei vom Abbruch der diplomatischen Beziehungen überrascht. Katar sei einer Hetzkampagne ausgesetzt, die auf Verleumdungen basiere.

In den vergangenen Wochen war der Führung in Doha unter anderem in mehreren US-Medien die Finanzierung von terroristischen Gruppen vorgeworfen geworden. Ende Mai löste ein Bericht auf der Website der staatlichen Nachrichtenagentur von Katar unter den Golfstaaten neue diplomatische Verwicklungen aus. Es hatte Aufregung über Meldungen der amtlichen katarischen Nachrichtenagentur gegeben, die Emir Scheich Tamim bin Hamad Al-Thani mit brisanten Äußerungen zitiert hatte. Er habe die Nachbarländer kritisiert und den schiitischen Iran als Staat gelobt, der zu Stabilität in der Region beitrage.

Die Regierung in Doha bezeichnete die angeblichen Äußerungen als gefälscht und sprach von einem „Hackerangriff“  auf die Nachrichtenagentur. Trotzdem hielten die Spannungen an. Der schiitische Iran ist ein Erzrivale von Saudi-Arabien und der anderen von Sunniten regierten Golfstaaten.

Das Verhältnis mehrerer Golfstaaten zu Katar ist seit langem angespannt. Bereits vor rund drei Jahren hatten Saudi-Arabien, Bahrain und die Emirate ihre Botschafter für einige Monate aus Katar abgezogen. Sie stießen sich vor allem an der Unterstützung Katars für die ägyptischen Muslimbrüder. Ägypten, Saudi-Arabien und die VAE haben die Islamisten als Terrororganisation verboten.

Die diplomatische Krise der arabischen Golfstaaten hat im Iran unterdessen Schadenfreude ausgelöst. „Das war wohl der erste Riss in der (Anti-Iran)-Koalition und auch das erste Ergebnis des Schwerttanzes in Riad“, twitterte Hamid Aboutalebi, Vize-Stabschef im Präsidialamt.

Er wunderte sich, wie politisch „zerbrechlich die arabischen Staaten sein müssen, wenn ein kleines Emirat wie Katar für sie zu einer strategischen Gefahr wird“. Aboutalebi bezog sich auf einen traditionellen Schwerttanz während des Besuchs von US-Präsident Donald Trump Ende Mai in Saudi-Arabien. Trump hatte während eines Gipfeltreffens die arabischen Verbündeten auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sowie eine gemeinsame Front gegen den Iran eingeschworen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert Katar für die Ausbeutung von Gastarbeitern und eingeschränkte Meinungsfreiheit.

Bedeckt hielt sich die FIFA. Auf Anfrage teilte der Weltverband mit, man habe Kontakt zu den verantwortlichen Stellen in Katar. Ansonsten gebe es im Moment zu dieser Angelegenheit „keinen Kommentar“.

Die Vorsitzende des Bundestag-Sportausschusses, Dagmar Freitag (SPD) sagte am Montag: „Die Tatsache, dass Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate ihre diplomatischen Beziehungen zu Katar abgebrochen haben, wird nach meiner Einschätzung keinen großen Einfluss auf die Entscheidung der FIFA haben.“ Die 64-Jährige begründete ihre Meinung mit einem politischen Vergleich. „Schließlich wurde auch an Russland als Ausrichter der nächsten WM nicht gerüttelt, obwohl die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland und der nach wie vor schwelende Ukraine-Konflikt ebenso Anlass zu einem Umdenken hätten sein können“, sagte sie.

von

Günter Schwarz – 05.06.2017