(London) – Nach einem Terroranschlag in London mit mindestens sieben Toten hat die britische Premierministerin Theresa May kurz vor der britischen Parlamentswahl am kommenden Donnerstag auf den Terror in London von Samstagabend reagiert. Sie hat dem radikalen Islamismus den Kampf angesagt und will ihn in Großbritannien „ausrotten“, erklärte sie am Sonntag. May bereut die bisherige „Toleranz“ gegenüber radikale religiöse Strömungen, sie will extreme Strömungen in Großbritannien im „öffentlichen Dienst und der Gesellschaft ausrotten“

Weiterhin befinden sich zahlreiche Opfer der Angriffe in kritischem Zustand. Die Polizei zeigte sich zuversichtlich, bald Ermittlungsergebnisse zu den drei Tätern vorlegen zu können. Am späten Sonntagabend reklamierte die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) die Tat für sich.

Es gebe „viel zu viel Toleranz für Extremismus in unserem Land“, erklärte May. Internet und Messengerdienste dürften Extremisten keinen Rückzugsort mehr bieten. Vielmehr müsse besser überwacht und reguliert werden, um die Kommunikationswege von Terroristen zu stören. Mays Äußerungen stießen auf harsche Kritik etwa der oppositionellen Labour-Partei, die an Mays Einsparungen bei der Polizei in ihrer Zeit als britischer Innenministerin erinnerte, als sie in den 6 Jahren ihrer Zeit als britische Innenministerin 19.000 Planstellen bei der Polizei „einsparte“.

Nur UKIP will den Wahlkampf fortsetzen

Offiziell ist der Wahlkampf wegen des Attentats vom späten Samstagabend größtenteils ausgesetzt. Die Wahl am Donnerstag soll jedoch plangemäß stattfinden, wie May klarstellte. Die rechtspopulistische UKIP-Partei schloss sich der Abmachung allerdings nicht an. May kam ihrerseits am Sonntag zu einem als „privat“ bezeichneten Besuch ins King’s College Hospital, um Verletzte zu besuchen und mit dem Personal zu sprechen.

Von den etwa 50 Menschen, die beim Terroranschlag von London verletzt worden sind, befinden sich 21 laut offiziellen Angaben von Sonntag noch in kritischem Zustand. Bei dem Attentat am späten Samstagabend waren mindestens sieben Menschen getötet worden, darunter eine Person aus Kanada und eine Person aus Frankreich. Auch unter den Verletzten sind Menschen verschiedener Nationalitäten. Die Polizei erschoss drei Täter.

Täter nach acht Minuten „neutralisiert“

Der Anschlag begann am späten Samstagabend auf der London Bridge und ging auf dem nahe gelegenen Borough Market weiter, der bei Touristen sehr beliebt ist. Die Terroristen griffen ihre Opfer zuerst mit einem Kleintransporter und dann mit langen Messern an. „Das war wie ein Amoklauf“, zitierte die BBC einen Zeugen. Die Täter seien zu Bars und Restaurants gelaufen und hätten gerufen: „Dies ist für Allah“.

Die Polizei geht davon aus, dass es keine weiteren Attentäter vor Ort gab. Vom Notruf bis zur Erschießung der Angreifer vergingen acht Minuten. Die Attentäter trugen Sprengstoffwesten-Attrappen. Acht Beamte hätten zur „Neutralisierung“ der Täter ihre Magazine leergeschossen, sagt der Chef der Anti-Terror-Polizei, Mark Rowley. Die Polizei nahm nach der Tat in der Hauptstadt zwölf Menschen fest, die sie mit dem Anschlag in Verbindung bringt.

Polizei will Täter bald identifiziert haben

Über die Hintergründe der Verhaftungen gab die Polizei zunächst nichts bekannt, zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass man die Identifizierung der drei Täter bald abgeschlossen haben würde und die Ermittlungsergebnisse der Öffentlichkeit präsentieren könne. Am späten Sonntagabend bekannte sich die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) zu dem Anschlag. In London fanden in der Nacht auf Montag weitere Hausdurchsuchungen statt.


Der Lieferwagen, den die Terroristen offenbar kurz vor der Tat gemietet hatten
Erst vor knapp zwei Wochen hatte ein Selbstmordattentäter nach einem Konzert des Teenie-Stars Ariana Grande in Manchester mit einer Bombe 22 Menschen in den Tod gerissen. Die Terrorattacke vom Samstag erinnert auch an einen Angriff in London mit sechs Toten am 22. März. International löste das Attentat Bestürzung aus, auch seitens der österreichischen Staatsspitze. Londons Bürgermeister Sadiq Khan sprach von einer „gezielten und feigen Attacke“ auf unschuldige Londoner und Besucher.

Trump attackiert Londoner Bürgermeister

US-Präsident Donald Trump erntete für eine Twitter-Nachricht zu London viel Kritik: Er war den Londoner Bürgermeister Khan angegangen und hatte dessen Aussage verdreht. „Mindestens sieben tot und 48 verwundet bei einer Terrorattacke, und der Bürgermeister von London sagt, es gibt „keinen Grund, alarmiert zu sein!“, schrieb Trump. Khan hatte sich mit seiner Äußerung aber nur auf die Präsenz von Soldaten auf der Straße als Folge der Tat bezogen, aus der die Londoner keine falschen Schlüsse auf unmittelbare weitere Gefahren ziehen sollten.

Der Bürgermeister der britischen Hauptstadt habe „Besseres zu tun“, als auf einen „schlecht informierten Tweet“ des US-Präsidenten zu antworten, reagierte Khans Büro am Sonntag auf Trumps Tweet in London. So müsse der Bürgermeister unter anderem „die Antwort auf diese schreckliche und feige terroristische Attacke koordinieren“.

Mit einer Schweigeminute will Großbritannien am Dienstag der Opfer des Terroranschlags von London gedenken. Um 11.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MESZ) werde in allen Regierungsgebäuden eine Minute lang innegehalten, teilte das Büro von Premierministerin May am Sonntag mit. Die Flaggen im Regierungsbezirk im Herzen von London sollen bis Dienstagabend auf halbmast wehen.

von

Günter Schwarz – 05.06.2017