Auch nach mehreren terroristischen Anschlägen sind die Briten trotz einseitiger Berichterstattung aus der Boulevardpresse und einigen Sozialen Medien realistisch gesehen nicht ausländer- und islamfeindlicher geworden. Die Zunahme an Meldungen von Übergriffen auf Muslime sei wahrnehmungsbedingt zu bewerten, und sie entsprechen nicht der Realität.

In Großbritannien kam es nach dem Brexit-Entscheid im Juni vergangenen Jahres vermehrt zu Übergriffen auf Ausländer, wobei dieses besonders Osteuropäer verspüren. Aber es gibt kaum organisierte Gruppen, die spezifisch islamophob sind und ausländerfeindlich handeln. Lediglich am extrem rechten Rand des Spektrums gibt einige wenige, die jedoch politisch im Abseits stehen, und sie stellen eine verschwindende Minderheit dar.

Die fremdenfeindliche Ukip-Partei hat vor zwei Jahren fast vier Millionen Stimmen erhalten. Bei der vor wenigen Tagen durchgeführte Parlamentswahl zum Unterhaus waren es nur noch knapp 600.000.

Die Muslimfeindlichkeit der Bevölkerung nach den jüngsten Anschlägen ist nur schwer einzuschätzen. Vier Monate mit insgesamt vier Terroranschlägen, drei islamistischen und einem anti-muslimischen. Gewisse Boulevardblätter und einige Beiträge in den Soziale Medien schüren das Misstrauen gegenüber Muslimen schlechthin. Es gibt in Großbritannien Statistiken über Übergriffe oder Beschimpfungen gegen Muslime. Sie verzeichnen nach Anschlägen Zunahmen. Aber den Zahlen sollte man sehr skeptisch gegenüberstehen. Es sind derartig viele Wahrnehmungsfilter eingebaut, dass wegen zusätzlicher Berichterstattung besonders in der Boulevardpresse und in den Sozialen Medien fast zwangsläufig eine gefühlsmäßige Zunahme festgestellt wird.

So kündigte der britische Oppositionspolitiker Jeremy Corbyn von der Labour Partei an, er möchte in der vom jüngsten Anschlag betroffenen Moschee beten gehen, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Fairerweise muss man sagen, dass Corbyn zufällig in derselben Straße wohnt, an der das muslimische Gemeindezentrum, das attackiert wurde, liegt. Er kennt einige der Opfer persönlich, und er ist der Unterhausabgeordnete dieses Wahlkreises und hat deshalb einen großen Teil der Nacht dort am Schauplatz verbracht.

Und was macht die Regierungschefin Theresa May? – Sie leitet hingegen eine Sitzung des Krisenstabs Cobra. Aber es ist hinlänglich bekannt, sie ist nicht die natürlichste Person für spontane und teilnahmsvolle Begegnungen. In der letzten Woche bei dem verheerenden Brand in dem Hochhaus in Kensington hat sie durch ihre Weigerung, mit den betroffenen Opfern zu sprechen, geradezu ein erbärmliches Bild an Menschlichkeit abgegeben.

von

Günter Schwarz – 20.06.2017