Die Popularitätsblase der SPD ist geplatzt
Der Schulz-Effekt von Anfang Jahr ist vorbei, Kanzlerin Angela Merkel steht in Umfragewerten klar vor ihrem Herausforderer Martin Schulz. Was lief falsch? Eine Einschätzung von SRF-Korrespondent Adrian Arnold.
Die jüngsten Umfragen sprechen eine klare Sprache: Lag die SPD zeitweise sogar vor der Union, hat Angela Merkels Partei jetzt einen Vorsprung von 15 Punkten – der Schulz-Effekt ist damit definitiv vorbei.
Schulz‘ großer Fehler war, dass er beim Amtsantritt als SPD-Vorsitzender zwar Ankündigungen zur sozialen Gerechtigkeit machte, aber nicht erklärte, wie er diese umsetzen will. Er hat lange zu lange „Phrasen gedroschen“ und keine Inhalte geliefert. Gleichzeitig hatte Angela Merkel den Trumpf, ein sicherer Hafen in einer weltpolitisch unsicheren Lage zu sein.
Es bestand die Hoffnung in der SPD und bei ihren Sympathisanten, dass er die Sozialdemokraten aus ihrer Krise führen kann. Gleichzeitig war die Kanzlerin Anfang des Jahres angeschlagen: Sie wirkte amtsmüde und wurde wegen der Flüchtlingskrise stark kritisiert. In diesem Umfeld konnte Martin Schulz auf einer Erfolgswelle reiten. Der Schulz-Effekt war also sicher nicht nur unbegründet.
Diese Euphorie hat die Kanzlerin allerdings wachgerüttelt – und nicht nur die Kanzlerin, sondern die ganze Union. CDU und CSU haben realisiert, dass man einen gemeinsamen „Feind“ außerhalb der Partei hat, und nicht in den eigenen Reihen. Und dass man ihn gemeinsam bekämpfen muss. Seither tritt die Union geeint auf und die Kanzlerin hat ihren Ton verschärft.
In der deutschen Bevölkerung herrscht ein großes Bedürfnis nach Sicherheit. Das ist der große Vorteil von Angela Merkel. Da die Deutschen wissen, was sie an ihr haben. Deutschland geht es wirtschaftlich gesehen so gut wie noch nie – das wollen sich die Deutschen erhalten und sprechen der Union mit der regierenden Kanzlerin hier die größeren Kompetenzen zu.
Und Merkel steht für ein starkes Deutschland in einem starken Europa. Sie hat sich dezidiert zu Donald Trump geäußert, Emmanuel Macron zum Schulterschluss getroffen und auch immer wieder das Gespräch mit Wladimir Putin gesucht.
Und was man nicht vergessen darf, Martin Schulz tritt nicht gegen einen unbekannten Kandidaten an, sondern gegen Angela Merkel, die Frau, die seit 12 Jahren die Politik von Deutschland, von Europa und der Welt maßgeblich prägt.
Erschwerend kommt hinzu, dass Schulz in der Vergangenheit auch Fehler begangen hat. Unter anderem hat er sich nach der anfänglichen Euphorie um seine Person sehr zurückgehalten, wenn es um Kritik an der Union ging. Damit hat er den ganzen Schwung verloren. Und Merkel sitzt gleichzeitig sehr sicher im Sattel.
Aber noch ist für die SPD nicht alles verloren, der Wahlkampf beginnt jetzt erst richtig. Schulz hat Anfang der Woche erstmals wieder gepunktet mit seinem Entwurf für die Steuerpolitik. Dieser ist viel gemäßigter als von einigen befürchtet. Damit bedient Schulz jenen Flügel der SPD, der in die Mitte tendiert und teilweise auch mit der Politik der Union sympathisiert. Für ihn wäre jetzt wohl wichtig, dass er sich deutlicher von der Union distanziert und auf Konfrontationskurs geht. – Eine Taktik, die auch Altkanzler Gerhard Schröder vertritt.
von
Günter Schwarz – 25.06.2017