Helmut Kohls letzte Reise mit Trauerfeier in Straßburg
(Straßburg) – Am heutigen Morgen fanden im Straßburger Eu-Parlament die Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen früheren CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl statt. Der Leichnam wurde nach Straßburg gefahren, wo internationale Spitzenpolitiker den verstorbenen Altkanzler würdigten.
Die Trauerfeierlichkeiten ziehen sich bis in die Abendstunden hin. Danach wird Helmut Kohl in der rheinland-pfälzischen Stadt Speyer beerdigt. Helmut Kohl war 16 Jahre lang deutscher Bundeskanzler und starb am 16. Juni im Alter von 87 Jahren. Der Altkanzler Kohl ist einer von nur drei Ehrenbürgern Europas.
Zu den Rednern in Straßburg gehörten neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Präsident des EU-Parlaments, Antonio Tajani, der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, und der Präsident des EU-Rates, Donald Tusk. Auch der ehemalige US-Präsident Bill Clinton und der französische Präsident Emmanuel Macron ergriffen das Wort . Außerdem hatten sich der österreichische Präsident Alexander van der Bellen, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, aber zum Beispiel auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der ehemalige spanische König Juan Carlos I. samt Gattin Sophia angekündigt. Einige der Trauergäste sind auch in Speyer dabei, wo unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet wird.
Berührende, auch persönliche Worte prägen nun die Trauerfeierlichkeiten für Kohl im EU-Parlament in Straßburg. Der deutsche Kanzler sei vor allem auch „ein europäischer Patriot“ gewesen – darin waren sich alle Redner einig. Die Redner waren zahlreiche Staats- und Regierungschefs sowie die Bundeskanzlerin Angela Merkel, von der es unter anderem in ihrer Trauerrede hieß: „Sie haben unendlich viel erreicht. Jetzt ist es an uns, Ihr Vermächtnis zu wahren.“
Ferner würdigte die Bundeskanzlerin Helmut Kohl als großen Brückenbauer zwischen Ländern und Menschen. „Er war ein den Menschen zugewandter Weltpolitiker“, sagte Merkel. Jetzt müssten die nächsten Generationen sein Vermächtnis bewahren: Sein engagierter, unermüdlicher Einsatz für Frieden, Freiheit und Einheit.
Sie schilderte ihren Amtsvorgänger als Mann der absoluten Verlässlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und unerschütterlichen Überzeugung. Und auch als Politiker, an dem sich viele Menschen gerieben hätten und der Gegenargumente scharf abwehren konnte. „Ich verneige mich vor Ihnen und Ihrem Angedenken – in Dankbarkeit und Demut“, sagte sie zum Schluss ihrer Worte.
Merkel dankte Kohl auch ganz persönlich: „Lieber Bundeskanzler Helmut Kohl, dass ich hier stehe, daran haben Sie entscheidenden Anteil. Danke für die Chancen, die Sie mir gegeben haben. Ich verneige mich vor Ihnen und Ihrem Angedenken in Dankbarkeit und Demut.“ Merkel senkte dabei ihren Blick auf den Sarg mit Tränen in den Augen.
„Helmut Kohl war ein wahrer Europäer und Freund. Europa schuldet ihm viel. Mit ihm verlässt uns ein Nachkriegsgigant,“ waren die Worte des EU-Kommissionspräsidenten, Jean-Claude Juncker.
Auch der EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zeigte sich beim Trauerakt tief bewegt. Er erinnerte an Kohls Rolle als Kanzler der deutschen Wiedervereinigung und beim Zusammenwachsen Europas. „Helmut Kohl war ein deutscher Patriot, aber auch ein europäischer Patriot“, so der Luxemburger. Zwischen beidem habe es für ihn keinen Widerspruch gegeben. In „geduldigen Einzelgesprächen“ habe er die Skepsis in manchen europäischen Ländern gegen die deutsche Einigung abgebaut. „Er hat die Gunst der Stunde richtig eingeschätzt und genutzt.“
Gar eine Liebeserklärung an den Toten machte der frühere US-Präsident Bill Clinton und sprach: „Ich habe ihn geliebt. Ich habe ihn sehr gemocht.“ Kohl habe in seiner politischen Zeit ganz große Fragen gestellt bekommen – mit Verzweigungen in die Gegenwart. Er habe eine Welt gewollt, in der Zusammenarbeit als besser gilt als der Konflikt. „Er wollte eine Welt schaffen, in der niemand niemanden dominiert.“ Und zum Schluss sagte Clinton: „Du hast das gut gemacht in deinem Leben. Und wir, die wir dabei sein durften, lieben dich dafür.“
Ein solcher europäischer Trauerakt wurde erstmals für einen Politiker ausgerichtet. Einen deutschen Staatsakt für Kohl wird es hingegen nicht geben.
Nach dem Trauerakt in Straßburg wurde Kohls Leichnam im Helikopter nach Ludwigshafen zurückgebracht. Dort wurde dieser durch die Innenstadt gefahren. Hunderte Menschen säumten die Straßen. Die letzten Kilometer bis ins nahe Speyer brachte ein Schiff den Leichnam Kohls auf dem Rhein entlang.
Im Dom zu Speyer wird dann die Totenmesse stattfinden. Rund 1.500 geladene Gäste werden dazu erwartet. Zu Speyer und seinem Dom hatte Kohl seit seiner Kindheit eine besondere Beziehung. Nach einem militärischen Ehrenzeremoniell der Bundeswehr soll Kohl dann auf einem nahen Friedhof in Speyer im Freundes- und Familienkreis beigesetzt werden. Kohl wird damit nicht im Familiengrab in Ludwigshafen bestattet.
von
Günter Schwarz – 01.07.2017