Was geschah am 23. Juli 1599 in unserem Dänemark?
Stephan Hanssøn (Stephen Hansen Stephanius), ein großer und bekannter dänischer Philologe und Historiker kommt am 23. Juli 1599 in København zur Welt.
Leben
Sein Vater war Hans Staphensen, Professor an der Universität in København. Da sein Vater 1608 Vorsteher der Schule und des Klostergutes in Sorø wurde, ging auch er zunächst in Sorø zur Schule, dann in Herlufsholm. Von da ging er 1615 auf die Universität in København. 1618 erhielt er dort den Grad eines Baccalaureus der Philosophie.
Sein Hauptstudium war die lateinische Philologie und die Vaterländische Geschichte und Altertümer. Um 1622 (genaues Datum nicht bekannt) heiratete er Anne Jacobsen, die Tochter des Arztes Matthis Jacobsen in Aarhus und Schwester seines Freundes und Studienfreundes in Leiden Jacob Matthiesen, der Bischof von Aarhus wurde. Diese Ehe währte nur kurz, da seine Frau bereits am 10. Februar 1633 starb. Am 26. Oktober 1634 heiratete er dann Thale Eisenberg, Tochter von Elias Eisenberg, erst Professor in København, dann Propst in Samsø.
Studium
Mit 22 Jahren begab er sich auf Reisen. Er besuchte die Universitäten in Rostock und Leiden. Wieder heimgekehrt wurde er 1624 Rektor der Schule in Slangerup und 1625 Magister der Universität København. Das Erbe nach dem Tad seines Vaters 1625 ermöglichte ihm die Fortsetzung der Studien im Ausland. Er lernte Ole Worm kennen und ließ sich von dessen archäologischen Forschungen begeistern. Zeit seines Lebens blieben sie in einem gelehrten Briefwechsel. 1626 schrieb er sich abermals in der Universität von Leiden ein, wo er in Verbindung zu den berühmten Altphilologen Gerhard Johannes Voss und Daniel Heinsius kam.
In Leiden gab er 1627 sein erstes Buch „Breves notæ et emendationes in Saxonem Grammaticum“ (Kurze Bemerkungen und Ergänzungen zu sächsischer Grammatik) heraus. Dem schlossen sich kleinere Schriften mit Sentenzen zum gleichen Thema an. Mit ihnen erntete er nicht nur Lob bei Ole Worm, sondern auch bei dem geschichtsinteressierten Kanzler Christian Friis zu Kragerup. Er gewann auch den königlich dänischen Historiografen Johannes Isaksen Pontanus zum Freund, der Professor in Harderwijk war. Dieser übergab ihm Material für eine Sammlung für verschiedene historisch-topografische Arbeiten und Abhandlungen über Dänemark, Norwegen und die Herzogtümer, die er 1692 unter dem Titel „De regno Daniæ etc. tractatus varii“ (Das Königreich Dänemark etc. verschiedene Ansichten) herausgab.
Hanssøns Wirken
1629 wurde er zum Rhetorik-Professor in der Sorø-Akademie ernannt. Im Winter 1630 kehrte er nach Dänemark zurück und trat März 1630 seine Stelle an. Er hatte von Pontanus einen Brief an den Kanzler Friis mitbekommen, worin dieser seine Gelehrsamkeit lobte und ihn als geeignet bezeichnete, das Werk von Saxo Grammaticus neu herauszugeben. Dies wurde dann auch seine Hauptaufgabe.
Daneben befasste er sich mit der Sprachpflege. 1631 wurde er Mitglied der Kommission der Professoren in Sorø, die sich um die Verbesserung des Schulwesens und die Herausgabe geeigneter Schulbücher kümmerte. 1633 gab er das Schulbuch „Colloqvia familiaria“ heraus, für die jüngeren Schüler „Colloqvia minora“, ein sehr lange Zeit maßgebliches Schulbuch. Ihnen schloss sich 1634 das Wörterbuch „Nomenclator Latino-Danicus I“ an, das Substantive und Adjektive umfasste, und 1638 Teil II mit den Verben, der „Verba Stephani“ genannt wurde und über 100 Jahre in den Schulen Dänemarks, Norwegens, ja sogar in Schweden in Gebrauch war. Später verfasste er die lateinische Stilkunde „Phraseologia Latino-Danica“, die aber erst nach seinem Tode erschien. Auch sie war lange in Gebrauch.
Seine bleibende Bedeutung erhielt er aber als nationaler Historiker durch sein Talent, alte Quellen ausfindig und nutzbar zu machen. Als der Professor für Geschichte und königlicher Historiograph in Sorø Johannes Meursius 1639 starb, wurde er in beiden Stellungen dessen Nachfolger. Er setzte dessen Arbeit, die bis in die Zeit Christians III. (1550) fortgeschritten war, fort.
Da die Arbeit nur bis zu König Christians III. Tod reichen sollte, konnte er sich bald seiner eigentlichen Aufgabe, der Herausgabe und Kommentierung des „Saxo Grammaticus“ widmen. Nun zeigte es sich als hinderlich, dass er das Altnordische nicht beherrschte, so dass er die alten Handschriften, die ihm Ole Worms von den isländischen Gelehrten zusandte, nicht auswerten konnte. Als eine Art Einführung in „Saxo GrammaticusW verfasste er „Svenonis Aggonis filii, qvæ extant, opuscula“ (1642).
Als der Saxos-Text fertiggestellt war, zeigte es sich, dass es weder in Dänemark noch in Holland einen Drucker gab, der das umfangreiche Werk verlegen wollte. Niemand seiner Freunde war bereit, den Druck zu finanzieren, so dass die Arbeit fast vergeblich gewesen wäre, wenn nicht Kanzler Christian Thomesen Sehested mit staatlicher Unterstützung das erforderliche Papier beschafft hätte. 1645 kam dann endlich „Saxonis Grammatici Historiæ Danicæ libri 16, notis uberioribus illustrati“ heraus. Kaum geringer ist das Verdienst, alle ihm zugängliche Quellen über Dänemarks Geschichte zu sammeln und abzuschreiben, offenbar in der Absicht, eine Sammelausgabe zu erstellen, woran er aber durch seinen Tod gehindert wurde. Aber diese Sammlung wurde zu einer wichtigen Vorarbeit für die 100 Jahre spätere Arbeit des dänischen Historikers Jacob Langebek.
Seine spätere Arbeit wurde wesentlich durch die großen finanziellen Folgen des unglücklichen Kalmarkrieges Christians IV. behindert. Er erhielt fast nie seinen Lohn pünktlich, manchmal gar nicht. Dazu kam eine Krankheit mit starken Schmerzen, In seiner letzten Lebenszeit widmete er sich besonders der Herausgabe seiner Geschichte Christians III. „Historiæ Danicæ libri 2, qvi res memoratu dignas complectuntur in Dania gestas, regnante Chr. III ab a. 1550 ad a. 1559“. Aber das Werk kam erst einige Zeit nach seinem Tod am 22. April 1650 heraus.
Er hinterließ eine außerordentlich große Bibliothek und eine gewaltige Sammlung von Handschriften. Seine Witwe und Freunde versuchten, diese Sammlung dem Staat gegen den rückständigen Lohn und eine kleine Witwenrente zu verkaufen. Da aber kein hinreichende Interesse bestand, verkaufte die Witwe den Nachlass nach Schweden, wo ein Teil der Handschriften noch vorhanden ist. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Abschriften und Exzerpte der alten Quellen von dem großen Brand der Universitätsbibliothek von 1728, wo diese vernichtet wurde, nicht betroffen wurden.
von
Günter Schwarz – 23.07.2017