Opposition in Dänemark befürchtet Massenüberwachung durch Verteidigungsministerium
(København) – IT-Experten und Opposition sprechen bei Verteidigungsminister Claus Hjort Fredriksens (Venstre / Rechtsliberale Partei) Absicht, dem militärischen Nachrichtendienst Zugriff auf sämtliche Patientendaten der dänischen Bevölkerung geben zu wollen, von „totalitärer Überwachung“. Der Minister beabsichtigt mit diesen Maßnahmen die Cyberkriminalität einzudämmen.
Um die organisierte Kriminalität im Internet einzudämmen, will Dänemarks Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen von der rechtsliberalen Venstre dem militärischen Nachrichtendienst des Landes, FE, weitreichende Befugnisse einräumen. Unter anderem sollen die staatsfinanzierten Hacker des Zentrums für Cybersicherheit (CFCS) ohne weiteres Zugang zu sämtlichen Gesundheitsdaten der dänischen Bevölkerung erhalten. Überdies würden sie sämtliche E-mails von Folketingsabgeordneten lesen können.
Am 30. Juni hatte Hjort einen entsprechenden, vom CFCS selbst angefertigten Bericht an das Folketing geschickt. Der Wunschzettel der Militär-Hacker könnte jetzt dazu führen, dass dänische Gesetze geändert werden – und sich das Land in einen Überwachungsstaat verwandelt, mahnt der IT-Sicherheitsexperte Peter Kruse. Zu der Tageszeitung „Berlingske“ sagte er nach Lektüre des Berichtes: „Da sträuben sich mir die Nackenhaare. Wenn all das hier Wirklichkeit wird, gleicht das totaler Überwachung.“
Das CFCS bietet bereits heute Dienstleistungen als „Netzsicherheitsdienst“ an – und zu den Kunden gehören unter anderem das Folketing und die Hauptstadtregion. Jetzt wünschen sich die Hacker den legalen Zugriff auf alle Daten, die sie ohnehin bereits überwachen.
Der Vorsitzende des IT-politischen Verbandes, Jesper Lund, nennt die Wunschliste des CFCS „besorgniserregend“
Die Fraktionssprecherin der linksliberalen Partei Det Radikale Venstre, Sofie Carsten Nielsen, spricht von der Gefahr einer „Massenüberwachungsgesellschaft“. „Dazu darf es niemals kommen“, sagt sie, selbst wenn es leichter wäre, sich zu verteidigen, wenn man alle Informationen hat. Ja, sagt sie, Dänemark müsse sich cybertechnisch besser verteidigen können „aber wir müssen immer das Gleichgewicht halten“. Sie hoffe, dass die Regierung den Wunschzettel nicht umsetzen wird.
Auch die sozialistische Partei Enhedslisten (Einheitsliste) sieht den Hjort-Vorstoß kritisch. „Es ist wichtig, Cyberkriminalität zu bekämpfen. Aber wir müssen grundlegende demokratische Freiheitsrechte schützen“, so der verteidigungspolitische Sprecher der linken Partei, Nikolaj Villumsen, zu „Berlingske“.
Anders sehen es die Socialdemokraterne. Henrik Dam Kristensen spricht von einer „neuen Form von Krieg. Private Unternehmen haben große Probleme mit Hackern und das muss sehr ernst genommen werden“, sagt er zu „Berlingske“.
Andreas Rudkjøbing, Vorsitzender des dänischen Ärzteverbandes, ist über die Pläne des Nachrichtendienstes empört. „Es ist vollkommen inakzeptabel, dass man vorschlägt, sich Zugang zu den vertraulichen Gesundheitsdaten der Leute verschaffen zu wollen. Es ist ein tragendes Prinzip des Gesundheitswesens, dass die Kontakte vertraulich behandelt werden“, so der Arzt.
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Günter Schwarz – 03.08.2017