(Berlin) – Sollte Nordkoreas Staatschef wie angekündigt wirklich die US-Pazifikinsel Guam, was bei der verbalen Auseinandersetzung der beiden starrköpfigen Kontrahenten Kim Jong-Un und Trump der vergangenen Tage nicht unmöglich erscheint, angreifen, könnten sich die engsten Verbündeten Washingtons wie das NATO-Bündnis kaum aus dem Konflikt heraushalten. Japan, Südkorea und Australien drohen bereits mit einem Militäreinsatz. Und auch für die NATO stellt sich die Frage nach dem Bündnisfall.

US-Präsident Donald Trump hat Konflikt zwischen den USA und Nordkorea weiter angeheizt. Bei einer Pressekonferenz an seinem Urlaubsort im Golfklub in New Jersey bekräftigte er seine geradezu biblischen Drohung, er werde mit „Feuer und Zorn“ auf weitere Provokationen von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un reagieren. Möglicherweise, so sagte Trump jetzt, seien diese Worte „nicht hart genug“ gewesen. Auf die Frage, ob er einen Präventivschlag gegen Nordkorea erwäge, sagte der Präsident: „Wir werden sehen, was passiert.“

Die Führung in Pjöngjang bezeichnete Trumps Feuer-und-Zorn-Äußerung als „einen Haufen Unsinn“. Gleichzeitig erklärte das Militär, sie arbeite an einem Plan, um bis Mitte August vier Mittelstreckenraketen über Japan hinweg auf die Pazifikinsel Guam abzufeuern, die US-Außengebiet ist. Die Raketen sollten demnach 30 bis 40 Kilometer vor der Insel Guam im Meer niedergehen. Man werde die Insel in ein „historisches Feuer“ verwandeln.

Japan, Südkorea und Australien drohen mit dem Militär

Strittig ist, was ein möglicher Angriff auf das US-Gebiet im Pazifik für die US-Verbündeten bedeuten würde. Japan und Südkorea versprachen für einen solchen Fall bereits Vergeltung. Auch Australiens Premier Malcolm Turnbull erklärte am Freitag, sein Land werde den USA bei einem Angriff Nordkoreas militärisch beistehen. Der pazifische Sicherheitspakt ANZUS verpflichte sein Land sogar dazu, sagte Turnbull. „Die Vereinigten Staaten haben keinen engeren Verbündeten als Australien“, sagte Turnbull dem australischen Radiosender 3AW. „Lassen sie uns das ganz deutlich sagen: Wenn es einen Angriff Nordkoreas auf die USA geben sollte, würde der ANZUS-Pakt in Kraft treten und Australien würde den Vereinigten Staaten zu Hilfe kommen.“

Damit widersprach er seiner Außenministerin Julie Bishop, die am Vortag das Gegenteil behauptet hatte. „Wir waren im rechtlichen Sinn keine Partei im Waffenstillstandsabkommen. Deshalb wäre Australien nicht automatisch involviert“, sagte Bishop dem Radiosender ABC mit Bezug auf den Koreakrieg. In dem Konflikt von 1950 bis 1953 hatten die USA auf der Seite Südkoreas gegen den Norden der Halbinsel gekämpft. Nach dem Waffenstillstand blieben die beiden Teile Koreas entlang des 38. Breitengrades geteilt. Auch der pazifische Sicherheitspakt ANZUS zwischen Australien, Neuseeland und den USA bedeute lediglich eine „Verpflichtung zur Konsultation“, sagte die Außenministerin weiter.

Für Deutschland gibt es keine Verpflichtung

Für Deutschland gilt eine rechtliche Verpflichtung zum militärischen Beistand nicht. Wie ein NATO-Sprecher bestätigte, gehört Guam nicht zu dem Gebiet, für das die Beistandspflicht im Nordatlantikvertrag festgeschrieben wurde. Demnach ist es eine rein politische Entscheidung, ob die Alliierten bei einem Angriff gegen die etwa 2.000 Kilometer östlich der Philippinen gelegene Insel den Bündnisfall nach Artikel 5 ausrufen.

In Artikel 5 des Nordatlantikvertrag haben die Verbündeten festgelegt, „dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen (…) als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird.“ In Artikel 6 wird dann allerdings eine Gebietseinschränkung vorgenommen. Demnach gilt als bewaffneter Angriff im Sinne des Artikels 5 jeder bewaffnete Angriff auf das Gebiet eines der Nato-Staaten in Europa oder Nordamerika sowie auf das Gebiet der Türkei „oder auf die der Gebietshoheit einer der Parteien unterliegenden Inseln im nordatlantischen Gebiet nördlich des Wendekreises des Krebses.“

von

Günter Schwarz – 12.08.2017