(Rostock) – Im August 1992 hatten in Rostock-Lichtenhagen Anwohner und teils aus dem gesamten Bundesgebiet angereiste Neonazis mehrere Tage unter dem Applaus und Gejohle Tausender Schaulustiger die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende und ein Wohnheim für vietnamesische Arbeiter angegriffen und teilweise in Brand gesetzt. Die schockierenden Bilder fanatischer und völlig verblendeter deutscher Bürger gingen um die Welt und führten berechtigterweise zu weltweiter Kritik an die Handlungsweise der deutschen Sicherheitsbehörden und Politiker, die sich allesamt nicht mit Ruhm „bekleckerten“!

Mit einem „Tag der Vielfalt“ endet heute in Rostock die Gedenkwoche anlässlich der rassistischen Ausschreitungen im Stadtteil Lichtenhagen vor 25 Jahren. Geplant sind unter anderen eine Fahrraddemo entlang der Standorte der fünf Gedenkstelen bis zum Sonnenblumenhaus. Dort soll am Nachmittag die letzte Stele mit dem Titel „Selbstjustiz“ enthüllt werden. „Wir geben mit der Fahrradtour allen, die in der Woche nicht an den Einweihungen der Stelen teilnehmen konnten, die Gelegenheit, die Kunstwerke auf sich wirken zu lassen“, sagte Organisatorin Annette Niemeyer vom NDR 1 Radio MV.

Als Redner vor dem Sonnenblumenhaus wird auch ein Überlebender des Brandanschlags von Mölln 1992 erwartet. Auch vietnamesische Zeitzeugen, die zu DDR-Zeiten als Vertragsarbeiter nach Rostock gekommen waren, sollen dabei sein. Sie weihen das Kunstobjekt vor jenem Haus ein, in dem sie vor 25 Jahren für mehrere Stunden eingeschlossen waren, während draußen Hunderte Anwohner „Ausländer raus!“ skandierten.

Die Ereignisse waren eine Schande für Rostock, Mecklenburg-Vorpommern und ganz Deutschland! Auch im Jahr 2017 muss die Gesellschaft gegenüber Volksverhetzung und Rassismus wachsam sein. So etwas wie in Rostock-Lichtenhagen darf und kann sich ein Rechtsstaat nicht bieten lassen. Da muss die Polizei im Zweifel auch „mit Schlagstock und Wasserwerfer“ gegen derartige Auswüchse vorgehen und keine Festnahmen scheuen, die von der Justiz empfindlich zu ahnden sind – und nicht seinerzeit wie in Rostock, als es lediglich zu 4 geringfügigen Anklagen kam und die allesamt mit einem „Du, Du, Du“ seitens der Justiz endeten.

Und dass weiterhin Rassisten und selbsternannte „Deutschlands-Kultur-Verteidiger“ auch in Rostock aktiv sind und ihr Unwesen treiben, zeigt eine Aktion am Rathaus und vor dem Gebäude der „Ostsee-Zeitung“, wo Unbekannte erst Anfang der Woche eingeweihte Gedenkstelen mit Farbschmierereien verunstalteten.

von

Günter Schwarz – 26.08.2017