(Berlin) – Elf Monate lang infiltrierten Mitglieder von Der Partei geheime Facebook-Gruppen der AfD. Die Gruppen wurden umbenannt. Nun machte der verantwortliche Satiriker Shahak Shapira alles öffentlich. Dock die Art des Vorgehens stößt auch auf Kritik.

Nach eigenen Angaben von „Die Partei“ handelt es sich um 31 infiltrierte Facebook-Gruppen der Alternative für Deutschland (AfD). „Mein Team und ich haben die Gruppen vor elf Monaten infiltriert, nun übernehmen wir die Macht“, erklärte Shapira.

Die geheimen „AfD“-Gruppen sollen demnach insgesamt etwa 180.000 Mitglieder zählen. Mit der satirischen Aktion trifft Die Partei ins digitale Herz der „AfD“, denn vor allem deren starke Präsenz in den sozialen Medien gilt als einer ihrer Erfolgsfaktoren. Mitglieder von „Die Partei“ kaperten mit falschen Identitäten die entsprechenden Seiten und stiegen dort innerhalb von elf Monaten zu Administratoren auf.

Drei Wochen vor der Bundestagswahl ließ Die Partei nun die Bombe platzen und machte die Gruppen öffentlich – ebenfalls auf Facebook. Dies hat zur Folge, dass nun Heerscharen diese Gruppen überrennen und ehedem geheime Inhalte öffentlich gepostet werden können. Nachdem sie die Kontrolle über die ehemals geheimen Gruppen übernommen hatten, benannten die Satiriker die Gruppen um.

So wurde etwa aus der „Fangruppe Martin Reichardt“ („AfD“-Spitzenkandidat für Sachsen-Anhalt) eine „Fangruppe für Martin Sonneborn“ (Mitgründer von „Die Partei“). Eine Gruppe namens „Deutschland ohne Islam“ wurde in „Kopftuchpflicht für Deutschland“ umbenannt. Eine weitere „AfD“-Gruppe „Heimat-Liebe“ trägt nun den Namen „Hummus-Liebe“.

Auf den Seiten seiner eigenen Internetpräsenz beschreibt sich Shapira wie folgt: „Shahak Shapiraist Israeli, Berliner und hat einen durchschnittlich großen Penis. Seine Hobbys sind Hummus, Death Metal und Markus Söder.“

Das Video, das Shahak Shapira als „Beauftragter für neue Medien“ von Der Partei auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, beginnt mit folgenden Worten: „Liebe Mitbürger, mein Name ist Shahak Shapira – machen Sie sich keine Sorgen, das ist ein altpreußischer Name. Wenn Sie dieses Video sehen, sind Sie eines von 180.000 Mitgliedern der 31 geheimen ,AfD‘-Facebook-Gruppen, die von nun an unter der Führung der sehr guten Partei ‚Die Partei‘ stehen.“

Auch auf den 31 übernommenen Facebook-Gruppen wurde das Grußwort nach der „Machtübernahme“ veröffentlicht. Bei Fragen zum genauen Vorgehen bleibt Shapira allerdings vage. „Da wurde nichts gehackt und keine illegalen Mittel benutzt, das geschah alles freiwillig und das zeigt nur, was für Pfeifen das sind“, so der Satiriker Shapira.

Ihm zufolge basierten die geheimen Gruppen vor allem auf Fake-Accounts. Diese hätten automatisierte Freundschaftsanfragen versendet, Gruppeneinladungen verschickt. Auch automatisierte Werbung wurde folglich auf den Timelines der User platziert. Shapira zufolge seien nur einige der Admin-Accounts keine Fakes und würden von tatsächlichen Personen betrieben. Mit dem Hintergedanken, dass zumindest diese Gruppen weiterbestehen würden, sollten die künstlichen Accounts gelöscht werden.

Shapira fährt fort, die Hintergründe zu erläutern. „Wir haben im November letzten Jahres angefangen, uns mit eigenen Fake-Accounts in die Nazi- und „AfD“-Szene einzuschleusen und dann einfach gewartet, bis die Zeit reif war. Es war nicht viel Arbeit, weil alle Gruppen von den gleichen Menschen betrieben werden. Man musste also nur deren Vertrauen gewinnen. Es wurden immer mehr Fake-Account-Admins gelöscht, weil wir sie einer nach dem anderen bei Facebook gemeldet haben. Irgendwann haben sie uns zu Moderatoren und dann zu Administratoren der Gruppen gemacht, weil viele ihrer Admin-Accounts weg waren, und sie Angst hatten, ganz gelöscht zu werden“, erläutert Shapira das taktische Vorgehen.

Die Aktion kommt amüsant daher, hat aber für Shapira einen durchaus ernsten Hintergrund. Auch behauptet er, dass beim Aufbau der „AfD“-Gruppen Bots im Einsatz gewesen seien. Dementsprechend das Statement des Satire-Politikers: „Ich habe das lustig verpackt, aber eigentlich ist das gar keine lustige Sache, wenn man sich die Dimensionen überlegt (…) Was da passiert, ist schmutzig, und wir müssen darüber reden. Ich bin ja selbst auch mit einem Fake-Profil den Gruppen zugefügt worden und habe erlebt, wie man dann über Freundschaftsanfragen von mutmaßlichen Bot-Accounts aus der ,AfD‘ und deren Inhalten in einen Strudel von Hetze und Fake-News reingezogen wird.“

Auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte bereits im Februar berichtet, dass beim Aufbau der Gruppen mutmaßlich Bots zum Einsatz gekommen sind, um Inhalte automatisiert zu posten. Der Gatte von „AfD“-Mitglied und Beisitzerin im „AfD“-Kreisverband Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz, Anne Teska, weißt diesen Vorwurf gegenüber dem Stern mit folgenden Worten zurück: „Das ist Unsinn.“

Wie es ihm allerdings gelang, dass von ihm genannte „Vertrauen“ der menschlichen Gruppen-Administratoren zu erlangen, erläutert Shapira in seinen bisherigen Stellungnahmen nicht. An diesem Punkt setzt auch die Kritik an der Aktion an. Eine Twitter-Userin fasste diese wie folgt zusammen: „Ja ok, danke Shahak, dass ihr euch an 11 Monaten Hetze für 1 Stunde Fame beteiligt habt.“

Das nun alle ehemals geheimen „AfD“-Gruppen auf Facebook öffentlich sind, kommentiert Shapira wie folgt: „Och, da kann jetzt jeder eintreten. Man kann sich über die Partei einladen lassen. Wir fügen da Leute hinzu, bis wir uns da wohlfühlen. Das ist die israelische Strategie: Irgendwo hingehen und sich breitmachen.“

Eine der neuen Gruppen-Regeln lautet nun: „Hetze gegen Muslime ist ab sofort immer gen Mekka auszurichten.“

von

Günter Schwarz – 04.09.2017