Die neusten Smartphone-Modelle laden sich auf, wenn wir sie auf eine Fläche legen. Man könnte meinen, sie haben Magie eingebaut. Aber mitnichten, dem ist nicht so! Das technische Prinzip hinter dem Zauber ist schon uralt, und die Stromkabel sterben deswegen noch lange nicht aus.

Der Zauber, der das bewirkt, heißt „induktive Kopplung“. Damit ist es möglich, das Smartphone ohne Kabel zu laden, in dem man es über Nacht auf eine Ladeschale legt.

Dazu benötigen wir zwei Dinge: einen Sender und einen Empfänger. Der Sender ist eine kleine Drahtspule, die in die Ladeschale eingebaut ist. Man kann die Spule auch direkt in ein Möbelstück einbauen, wie das beispielsweise das schwedische Möbelhaus Ikea bereits macht.

Der Empfänger für den Strom ist unser Handy eingebaut – genauer gesagt eine zweite kleine Spule. Wenn wir nun das Smartphone auf die Senderspule legen, erzeugt diese ein Magnetfeld, das sich auf die Empfängerspule überträgt. So gelangt der Strom schließlich in den Akku des Handys.

Das Prinzip ist nicht neu. Auf die gleiche Weise laden wir schon seit vielen Jahren kabellose Elektrozahnbürsten oder Rasierapparate – und auch Induktions-Kochfelder arbeiten so.

Mit den neuen Flaggschiff-Modellen von Samsung und Apple ist die Technologie nun auch bei den Smartphones angekommen. Setzt sich das Prinzip durch, so können die Hersteller auf den Stromanschluss im Smartphone verzichten und noch flachere Geräte bauen. Der Kopfhöreranschluss ist bei den teuren Geräten ja bereits weggefallen.

Der Grund: Damit die beiden Spulen mit maximaler Leistung Strom übertragen können, müssten wir das Handy millimetergenau auf der Senderspule, der Ladeschale platzieren und nicht einfach so eben „Pi mal Handgelenk“ auf der angebrachten Markierung. Dieses exaktes Ausrichten wäre ein Prozedere, das den einzigen Vorteil gegenüber dem Aufladen via Kabel, den Komfort, sofort zunichtemachen würde. Weil aber schon ein Zentimeter mehr Abstand die übertragene Energieleistung rasant reduziert, kommt bei der Empfängerspule im Handy in den wenigsten Fällen die Strommenge an, die benötigt würde, um den Akku in nur einer Stunde voll aufzuladen.

Die Lösung für das Problem wäre einfach: Man müsste nur die Leistung des Senders erhöhen. Dann aber wären schnell die im NIV (Verordnung über den Schutz vor nicht ionisierender Strahlung) festgelegten Grenzwerte für elektromagnetische Strahlung überschritten und die Ladeschale nicht mehr gesetzeskonform.

Es ist also nur sinnvoll, unsere Handys kabellos aufzuladen, wenn wir mehrere Stunden Zeit haben, über Nacht etwa. Dann kann das Gerät lange in der Ladeschale auf dem Nachttisch liegen – und die strahlt die ganze Nacht elektromagnetische Wellen in unser Hirn. Die Menge liegt aber unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte.

Wer keine Bedenken hat vor dem Handy-Netzteil, das neben dem Bett eingesteckt ist und elektromagnetische Strahlung von sich gibt, muss sich auch keine Sorgen machen über die Ladeschale auf dem Nachttisch. Umgekehrt sollten Personen, die bereits beim Netzteil Bedenken wegen elektromagnetischer Strahlung haben, wohl nicht noch zusätzlich eine Ladeschale neben ihren Kopf stellen.

von

Günter Schwarz – 12.10.2017